Oúzo – Ein deutsch-griechisches Missverständnis

Wie man die besten Ouzo der Welt serviert und genießt!

„Ich trink Oúzo, was machst Du so?“

…werbetextete vor ein paar Jahren die offensichtlich volltrunkene Belegschaft einer Kreativ-Agentur im Auftrag griechischer Oúzo-Produzenten. Hierzuland kennt man Oúzo leider nur als “Verteiler” in der Taverna, spätestens nach dem Essen treten selbst die begnadetsten griechischen Kochkünstler an den Restauranttisch und drohen augenzwinkernd: „Kleineoúzonochaufshaus?“

Je nach Höhe der zu erwartenden Rechnung und auch aus Gründen der Höflichkeit sollte tapfer der Zugriff erfolgen. Das, was dann, von den Gästen ungesehen, in eisig beschlagene Schnapsgläser gefüllt und serviert wird, ist bestenfalls ein Zweifachdestillat aus reinem Alkohol, Wasser, Anis und Fenchel, welches in einem dritten Brenngang mit Kardamom, Koriander und Nelke verfeinert wurde und um Himmels Willen den vorgeschriebenen Zuckergehalt von höchstens 50 g pro Liter nicht überschreiten sollte. Aber eben leider nur bestenfalls!

Immer ein paar Mezze (“Häppchen”) zum guten Oúzo servieren – so gelingt die griechische Party! (Foto aus meinem Kochbuch Blaue Stunde-Rezepte die den Abend feiern!)

Ein sorgfältig gebrannter Oúzo ist eine Offenbarung

ein hocharomatischer Genuss, der schon die Nase mit einem würzigen Duft von Anis, Muskat, Lakritze und frischem Dill verführt. Einen billigen Oúzo dagegen erkennt man an seinem stumpfen Geruch, ein bisschen Fenchel, viel beißender Alkohol. Den dürfen Sie dann auch ruhig mal stehen lassen! Eine etwas unorthodoxe, aber unter Kennern durchaus verbreitete Methode zur Einschätzung der Qualität ist die „Stipp-Visite“: stippen Sie, unbedingt in einem unbeobachteten Moment, Ihren kleinen Finger kurz ins Glas, verreiben Sie die entnommene „Probe“ auf Ihrem unparfümierten Handballen. In Sekundenschnelle verdunstet der Alkohol, und das, was Sie dann noch riechen, ist der Aromenreichtum des Oúzo. Alles andere war nur Sprit. Der verblüffende Test eignet sich übrigens auch hervorragend zur Einschätzung von Grappa und Obstbrand. Anschließend: Hände waschen nicht vergessen.

Grundsätzlich gilt auch für Oúzo, dass Geiz nicht geil ist.

Alles mit einem Flaschenpreis von unter sechs Euro ist zu meiden, ab 10 Euro wird es spannend. Der weltweit meistgetrunkene Oúzo ist der OUZO 12, den die Familienbrennerei Kaloyiannis seit 1880 herstellt. Damals, so ging ein Gerücht vor Ort, befand sich in Fass Nummer 12 der beste Oúzo. Heute tragen alle Fässer der Kaloyiannnis’ stolz die 12, gefüllt mit feinstem Stoff.

Zu Recht berühmt ist auch der Oúzo Plomari von der Insel Lesbos, seit 100 Jahren rein und würzig gebrannt, aus dem Hause Arvanitis. Oúzo solcher Qualität ist ein Vergnügen, und es lohnt, gute Destillate auch mal zimmerwarm zu trinken, denn die vielschichtigen Aromen des Oúzo-Nebels sterben im eiskalten Schnapsstamperl schnell den Kältetod.

  • sketo“ nennen die Griechen die pure Darreichungsform
  • me nero“, wenn Wasser dazu serviert wird
  • me pagakia“ wenn der Oúzo bei Zimmertemperatur mit Eiswürfeln serviert wird.

Geschmackssache. In Griechenland wird der Oúzo bevorzugt in der 0,2-Liter-Flasche abgefüllt und bestellt, genau die richtige Menge, um zwei Menschen zweimal glücklich zu machen.

Greek salad mit gebackenem Feta und Feta Saganaki aus dem Ofen mit geschmolzenen Tomaten, schmeckt noch besser mit Oúzo und ist schnell gemacht! (Foto aus meinem Kochbuch Blaue Stunde-Rezepte die den Abend feiern!)

Und immer ein paar leckere Mezédes („Häppchen“) dazu! Genuss ohne Reue, während die Deutschen sich den geschenkten Oúzo unbekannter Herkunft nach üppigem Mahl ruckartig hinter die Binde kippen, in der Hoffnung, der „Verteiler“ möge wirken. Tut er aber nicht. Oúzo lässt, wie übrigens alle so genannten Verdauungsschnäpse, höchstens die Bauchspeicheldrüse erröten und beleidigt anschwellen. Wer Verdauen möchte, greife zu heißem Kräutertee, wer Oúzo genießen will, der lerne von den Griechen und versuche Folgendes: fragen Sie bei Ihrem nächsten Besuch im Restaurant Ihres Lieblingsgriechen doch mal, was er so ausschenkt an Oúzo und welchen davon er selbst trinkt. Mit etwas Glück taucht hinter dem Tresen eine hausgemachte Perle der Oúzo-Brennerei aus dem Heimatdorf des Wirtes auf. Bestellen (und bezahlen) Sie den empfohlenen Oúzo dann als Begleiter zum Essen.

Der Klassiker: die griechische Platte ist hausgemacht ein Gedicht! (Foto aus meinem Kochbuch kochen.)

Eine kulinarische Sensation, griechische Küche und Oúzo gehören zusammen wie, äh, Schlachtplatte und Bier. Und das Schönste: Sie glauben ja gar nicht, wie Ihr Wirt sich freut! Der schenkt seinen geliebten Oúzo seit Jahren am Ende der Mahlzeit aus, weil er gelernt hat, dass in Deutschland der Schnaps immer zum Schluss kommt, und weil die Deutschen nicht gelernt haben, dass zwei Oúzo zum griechischen Essen wesentlich bekömmlicher sind als vier Gläser Bier, die in dieser Kombination derartige Koliken hervorrufen, dass ein Oúzo es am Schluss wieder richten soll. Ein kulinarisch-kulturelles Missverständnis, das endlich aus der Welt geschafft werden muss. Dafür sollte mal jemand werben! „Ich trink Oúzo niemals nur so!“ Ja gut, am Slogan könnte man noch feilen.

Ein Abend in der Taverna von Stephanos Pavlos (mit Oúzo-Sorbet!)

Langjährige Leser*innen wissen: ich mach ja gerne mal Sachen gründlich und manchmal eskaliert das. So auch bei meinem

griechischen Abend für Gäste zuhause.

Das Gute daran, viele der 17 (sic.) Rezepte haben es dann später in mein Kochbuch Blaue Stunde geschafft –  das Oúzo Sorbet gibts aber wirklich nur im verlinkten Beitrag, es ist großartig!

Nicht nur zum Oúzo richtig lecker: Fernweh-Rezepte aus der ganzen Welt

findest Du in meinem Fernweh- und Feierabend-Kochbuch Blaue Stunde

eine Weltreise, immer dem Sonnenuntergang hinterher, mit viel Musik und Cocktails serviert: von den italienischen Cicchetti, spanischen Tapas und der griechischen Mezze-Vielfalt, bis hin zu britischem Pub-Food – und weiter nach Portugal, Lateinamerika und Mexiko, mit Tacos, Tortillas und Ceviche, durch die Karibik übers Meer, nach Indien, China und Australien – überall schätzt man die unkomplizierten und schnelle Köstlichkeiten, in lockerer Atmosphäre und immer öfter auch zu Hause – für Freunde, für Gäste, für Partys und Feste.

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