Pausenbrote für den Kunstraum

Tim Mälzer engagiert sich seit langem für den Dunkelziffer e. V., das Hospiz Hamburg Leuchtfeuer und den Verein Die Arche, der gegen Kinderarmut kämpft. Jamie Oliver verbindet soziales und politisches Engagement, kämpft für bessere Schulspeisung und gibt jungen Menschen, mit ungünstigen Sozialprognosen, Arbeit und Zukunft in seinem Restaurant Fifteen.

Jetzt engagieren sich auch die Hamburger Starköche Cornelia Poletto (Poletto) Karlheinz Hauser (Sülberg), Heinz Wehmann (Landhaus Scherer), Ali Güngörmüs (Le Canard Nouveau) und Thomas Martin (Louis C. Jacob), wie die Hamburger Morgenpost in ihrer gestrigen Ausgabe vermeldete. Die fünf Spitzenköche schmieren und versteigern Schulbrote beim Schulfest des Gymnasium Hochrad im noblen Hamburger Stadtteil Othmarschen, einer der reichsten Gegenden der Hansestadt. Tagesschausprecher Tom Buhrow, dessen Töchter das Gymnasium besuchen, gibt den Pausenbrot-Moderator. Buhrows Frau, Sabine Stamer, ist Initiatorin der Aktion. Sinn und Zweck: die prominenten Unterstützer sammeln Geld für einen ca. 90.000 Euro teuren, neuen Kunstraum.

Grundsätzlich ist soziales Engagement positiv zu bewerten. Und irgendwo ist die Not immer größer und vor der eigenen Haustür ist eben am bequemsten zu fegen. Der Pausenbrotaktionismus der Kochkünstler erscheint lediglich etwas ungeschickt, wenn man bedenkt, dass in Hamburg immer noch viele Schulkinder hungern. Und vor diesem Hintergrund ist die Bemerkung des Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Klaus Bullan, doch sehr unglücklich: “ Sicherlich ist eine solche Versteigerungsaktion in ärmeren Stadtteilen so nicht möglich, weil die zahlungskräftige Schulöffentlichkeit dort fehlt.“ Ein Weg zu helfen findet sich immer, Menschen wie Tim Mälzer und Jamie Oliver machen es vor.

Promiköche fördern Edel-Gymnasium
von Wiebke Toebelmann, Hamburger Morgenpost vom 12.09.2008

  1. Ich unterstelle mal, das der Hintergund der Koeche doch eher darin liegt, fuer die eigenen Restaurants neue Kunden zu generieren. Selbsloser waere es doch, den gespendeten Beitrag dann lieber an eine andere Schule in einem anderen Stadtteil zu geben.

  2. Sehr unangenehm! Wer weiß wo die genauen Gründe liegen, aber ich denke mal, dass sich keiner der Köche Gedanken um seine Existenz machen muss.
    90.000 für einen Kunstraum – es wäre doch sinnvoller die Zeit und das Geld andernorts zu investieren. Offener Ganztag? Wie steht es den mit diesem Artikel?

    http://www.abendblatt.de/daten/2008/09/13/936557.html

    Da scheint man ja auf jede Hilfe angewiesen zu sein. Vielleicht wollen die Herrschaften dort auch mal vorsprechen bzw. vorkochen.

  3. Und? Was machen wir damit es an den Stellen besser wird, wo es nötig wäre? Ach so. Sollen das mal lieber Mälzer und Jamie machen. Uns kennt ja keiner, was sollten wir denn schon ausrichten?

    ich lehne mich vielleicht ein wenig weit aus dem Fenster aber wie sagt man so schön: What’s the big deal?

    Es ist doch klar dass wenn mein Kind an Schule xy geht, dass die Gelder die wir beim Schülerflohmarkt an genau diese Schule gehen. Und nicht nach Lurup oder Accra. Nur wenn die Eltern der Kinder an Schule yz mehr verdinenen als die Eltern an Schule xy dann wrd daraus ein „politisch brisantes“ Thema.

    Sie können es sich leisten also tun sie es. Das ist moralisch nicht verwerflicher als wenn ich an der Schule meiner Tochter 1200 Eure für Turngeräte sammele.

    Dass dazu dass die Eltern Geld für eine Kunstraum scheffeln.

    Hauser und Co, bedienen, wie Aquii so richtig sagt, doch nur ihr Klientel. Aus Kirchdorf-Süd wird keiner zum Süllberg brunchen fahren. Dass eine Aktion für ärmere moralisch besser aussieht ist kler, aber meist sind doch „charity“ und „public relations“ synonym.

  4. Loco: keineswegs sollen Mälzer und Jamie das alleine machen, ich z.B. engagiere mich seit ich eigenes Geld verdiene und viele andere tun das auch. Im Stillen. Ich schrieb ja oben bereits:

    „Grundsätzlich ist soziales Engagement positiv zu bewerten. Und irgendwo ist die Not immer größer und vor der eigenen Haustür ist eben am bequemsten zu fegen.“

    Völlig in Ordnung. Ich hätte nur die Zeitung rausgelassen und mich im stillen für die Schule meiner Kinder engagiert als eine solche unglückliche Steilvorlage zu bieten. Und die mißglückte „Entschuldigung“ vom Gewerkschaftsvorsitzenden Bullan wäre dann auch nicht nötig gewesen.

  5. Unvergessen auch dies: Bei Dreharbeiten erklärte mir einmal die Kantinenleiterin einer Hamburger Gesamtschule in einem sogenannten „sozialen Brennpunkt“ folgendes: „Montags kann ich servieren was ich will, da kommen die Kinder immer total ausgehungert aus dem Wochenenende. Schlimm ist das Gefeilsche. Diese Kinder wissen sehr genau um den Wert von Geld und an der Kasse versuchen die Kinder das Essen (eine Hauptmahlzeit für 50 Cent) runter zu handeln. Ich muss hart bleiben, denn auch wir rechnen mit jeden Cent, das tut manchmal weh.“

  6. „Und? Was machen wir damit es an den Stellen besser wird, wo es nötig wäre? Ach so. Sollen das mal lieber Mälzer und Jamie machen. Uns kennt ja keiner, was sollten wir denn schon ausrichten?“

    War eher als Verallgemeinerung beabsichtigt.

    Letztlich ist an dieser ganzen Aktion nichts Schlimmes zu finden, betrachtet man es objektiv. Leider bedient die Morgenpost, sozusagen als Anti-Bild-Zeitung, ihre Klientel genau wie die Köche ihres. „Promikinder fördern reiche Schulkinder“ ist nicht anders als „Mallorca nur noch für Reiche?“

    An der Schule meiner Tochter hat eine reiche alte Dame jetzt beschlossen den Kindern die Musik näher zu bringen indem sie mit reichlich Geld, den Kauf von Instrumenten fördert. Hier in Eimsbüttel ist zwar kein finanzieller Notstand bei den meisten Familien zu finden, dennoch kommt die Aktion gut an und wird von allen begrüßt. Sollte die Schule das Geld nun weil es und hier im Stadtteil gut geht, ablehnen und sagen dass andere Schulen weitaus bedürftiger sind?

    „Reicher Hamburger kauft Sohn Mont-Blanc-Füller.“ Ja, die Welt ist ungerecht. Aber das ist keine Schlagzeile wert.

    Die Mopo macht mit Missgunst und Neid Auflage. Die Köche haben einen Griff ins PR-Klo gemacht. Kinder die keine Not leiden bekommen etwas dass die Schulbehörde nicht finanzieren kann oder will. Aber es kostet den Bürger nichts. Dass diese Stadt Hunderte-Millionen Euro in eine Philharmonie versenkt, die nur dazu dient diese Bevölkerungsschicht des Bürgertums zu unterhalten, ist das tatsächliche Problem.

  7. Es geht mir hier nicht um das Spenden, da gebe ich dir recht, dass es gut fuer die Kinder ist. Es geht mir nur um das Wie. Und es hat durch den ganzen Meidienrummel einen faden Beigeschmack.

    Ich erinnere mich noch gut an einen Spenden Marathon kurz vor Weihnachten. Dort hat der bekannteste deutsche Formel 1 Pilot mehrere Millionen gespendet. Vergessen wurde bei all dem nur, dass er seit Jahren in der Schweiz versteuert (deutlich geringerer Steuersatz), somit sich seiner Pflicht hier in Deutschland sein Geld auf legale Weise zur Verfuegung zu stellen, entzogen hat. Der Zeitpunkt war auch gut, denn nun haben sogar Oma und Opa kapiert, das es ja ein guter Junge ist und noch fleissig Geschenke (seine Merchandise Artikel) unter den Tannenbaum gelegt. Der Gewinn daraus wurde wieder in der Schweiz versteuert.

    Ich glaube nicht, das die Koeche dort mitgemacht haetten, wenn nicht T. B. oder seine Frau fuer ein entsprechendes Medienaufgebot gesort haetten.

  8. Keine Ahnung was ein Kunstraum so kostet und ob 90000 dafür jetzt viel oder wenig sind. Warum sollte man aber solche Aktionen nur für arme machen dürfen? Darf ich jetzt auch meine Wohnung nicht mehr heizen weil mit dem Geld 3 Kinder in Afrika überleben könnten?

  9. Heizen Sie weiter! Und ich kann mich nur noch einmal selbst zitieren, es ging mir um das „wie“:

    Grundsätzlich ist soziales Engagement positiv zu bewerten. Und irgendwo ist die Not immer größer und vor der eigenen Haustür ist eben am bequemsten zu fegen.

    Völlig in Ordnung. Ich hätte nur die Zeitung rausgelassen und mich im Stillen für die Schule meiner Kinder engagiert als eine solche unglückliche Steilvorlage zu bieten. Und die mißglückte “Entschuldigung” vom Gewerkschaftsvorsitzenden Bullan wäre dann auch nicht nötig gewesen.

  10. Das ist ja schon spannend die Diskussion hier.
    Von unserer Seite aus kann ich nur sagen, dass die Aktion sehr viel Spaß gemacht. Egal ob mit Presse oder ohne.
    Mal wieder ‚back to the roots‘ und wie früher bei den eigenen Kindern mal wieder Butterbrote geschmiert.
    Und wie einige Vorredner schon erkannt haben: Vor der eigenen Haustür ist es tatsächlich einfacher.
    Grüße.

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