Probiert: DaCaio im "The George Hotel", Hamburg

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Foto: The George

Im Oktober eröffnete das Hotel The George am Ende der Langen Reihe, ein Design Hotel in „Britischer Tradition mit einem modernen Touch und interkulturellen Einflüsse aus Kolonialtage“, so erklärt es die hoteleigene Homepage. Der in Hamburg ansässige Designer Thái Công hat den Stilmix mit sicherer Hand umgesetzt, es wirkt ebenso gemütlich wie elegant und luxuriös. Der Vanity Fair war das Konzept Gold wert, in der Traveller Gold Liste der Zeitschrift gewann das Hotel die Rubrik Newcomer 2008.

Der Weg zum Restaurant DaCaio führt durch die großzügige Bar gleichen Namens. Die junge Bartender-Riege ist sehr aufmerksam, mein Gin-Cocktail perfekt, der Champagner der Liebsten perlt leider nur noch mäßig.

Die freundliche Concierge führt uns zum Tisch und übergibt uns in die Hände echt italienischen Personals, die Herrschaften sind allerdings unterschiedlich charmant. Der kulinarische Auftakt ist furios und macht neugierig: als „Gruß der Küche“ wird ein Hummercarpaccio gereicht, eine längs geschnittene haudünne Scheibe vom Schwanz auf Zitronen-Öl. Auch die Weinkarte, mit Schwerpunkt auf italienischen Gewächsen, erfreut: schon für 23 Euro ist eine Flasche vom Vernaccia Di San Gimignano (Teruzzi & Puthod, 2007) zu bekommen, für 25 Euro der vielschichtige Gavi Montebastia. Duftende, teils warme Brotspeizialitäten kommen auf den Tisch, ein geheimnisvolles, sehr würziges „Olivenöl N° 2“ aus eigener Abfüllung und grobes Salz.

Remmidemmi im schlauchähnlichen Restaurant, alle Tische sind besetzt, funky people, Medienschaffende, junge Schauspiel- und Moderations-Prominenz. Viel zu sehen gibt es auch auf meinem Teller. Die Vorspeise zum „Degustationsmenü“, einem Blindflug in vier Gängen zu 56 Euro, ist dreiteilig: Köstlich gebratene Steinpilze, getrockneter Weißfisch und ein handgehackter Tatar, schön zitronig mariniert. 19 Euro kostet dieser Tatar vom Fassona Rind (auch: Fassone Rinde) als Vorspeisenportion, die auch die Liebste begeistert. Das Produkt ist der Star.

Dann wird gekocht. „Italienische Fish & Chips“ sind der Liebsten zum Hauptgang angekündigt, es kommen kross panierte und perfekt gegarte Seezungenfiletstücke auf lätschig-blassen Pommesfrites, die schwere Kräutermayonnaise ist eher ordinär. Mein Rinderfilet mit Trüffeln dümpelt in einer charakterlosen braunen Sauce, ohne jegliche Raffinesse, das Fleisch ist beinahe durchgegart und wurde nicht angebraten. Seltsam. Gedämpft? Gedünstet? Geschmort? Eventuell der Versuch einer Niedriggarmethode und dann das finale Kurzbraten vergessen? Man weiß es nicht, man ahnt es nur und ärgert sich. Das begleitende Polenta-Bällchen aus dem Eisportionierer ist ebenfalls wenig tröstlich.

Auch das Dessert kann den Abend nicht versüßen, meine Variation von gelatinesteifer Panna Cotta, schnapsigem Tirami Su aus dem Schnapsgläschen und einem zuckersüßen Beerensorbet sind enttäuschend, das Dessert der Liebsten nicht essbar: die Mousse von weisser Schokolade ist komplett ausgeflockt, darunter befinden sich borkig, speckige Schokoladenbrösel, die auf der Speisekarte poetisch als „Schokoladenerde“ angekündigt waren. Klaglos wird abgeräumt, das Dessert der Liebsten wird, nach längerer Lagebesprechung zwischen Service und Concierge (wir saßen in Hörweite), nicht berechnet.

Vielleicht sind es noch Startschwierigkeiten. Es ist dem DaCaio zu wünschen, dass sich der sehr schöne Rahmen und die gut durchdachte Konzeption künftig beständiger mit kulinarisch überzeugenden Inhalten füllen lassen. Dann könnte gelingen, was Hotelier Kai Hollmann (Gastwerk, 25hours) sich vorgenommen hat: 80 % aller Restaurantgäste sollen von außen kommen, so Hollmann gegenüber der AHGZ.

DaCaio im Hotel The George
Barcastraße 3, 22087 Hamburg
+49 40 2800300
http://www.thegeorge-hotel.de/

Öffnungszeiten:
täglich, Mittagstisch und Abendkarte

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