Ein Abend bei Drei-Sterne-Koch Klaus Erfort

Als wir am vergangenen Wochenende bei Drei-Sterne Koch Klaus Erfort in seinem Gästehaus Erfort in Saarbrücken zu Gast waren, wussten wir noch nicht dass er, nur wenige Tage zuvor, auf der renommierten Jahres-Bestenliste des „Euro Magazin“, von sechs hochkarätigen Foodkritikern zum besten Koch Deutschlands erklärt worden war. Wir ahnten aber was.

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Klaus Erfort, Foto: Effilee Redaktion

Auf dem Weg zur geweißelten Gründerzeitvilla begleitet mich, neben meinem alten Schulfreund Bruce, auch eine gewisse Aufgeregtheit. Noch nie habe ich bei einem Drei Sterne Koch gegessen, derzeit gibt es in Deutschland nur neun Restaurationen mit dieser höchsten Auszeichnung des Guide Michelin.

Wie schmecken, was bedeuten drei Sterne? Werden wir den Unterschied zu ein oder zwei Sternen bemerken? Und auch: sind wir anschließend pleite?

Der Empfang ist herzlich, heiter und von einer überraschend beschwingten Leichtigkeit, alles andere als steif. Der Gastraum ist zurückhaltend und klar gestaltet, in unauffälligen Cremetönen. Unser großer, runder Tisch (es hätten noch vier weitere Gäste Platz gefunden) ist nicht eingedeckt, lediglich drei champagnerfarbene Rosenköpfe grüßen aus eckigen Tischvasen und zwei Butterteller weisen auf unsere Plätze hin. Wir nehmen Platz, leicht versetzt, nebeneinander mit Sicht ins Restaurant für Beide, wunderbar. Auf Untertellergedöns und drohende Geschirrspaliere wurde verzichtet. Der Tisch eine Leinwand für das was kommen wird.
Aus den imposanten Karten (ja, Mehrzahl) wählen wir das kleine Menü mit sechs Gängen für 122 Euro, ein unschlagbares Preis-Leistungsverhältnis in dieser Kategorie. Die Weinbegleitung zum Menü umfasst fünf Gewächse á 0,1 L für insgesamt 69 Euro, auch das, in diesem Rahmen, beinahe geschenkt.

Vor das Menü hat Klaus Erfort „Les Délices“ gesetzt, eine nicht enden wollende Parade kleiner Köstlichkeiten, die vom durchweg jungen, freundlichen und unkomplizierten Service herbei gebracht werden. Den Auftakt bildet eine winzige, zuckersüße Baiser-Kugel, deren beiden Hälften von einer hocharomatischen Mousse zusammen gehalten werden, die zunächst an Leber erinnert um dann mit einem eleganten Aal-Aroma zu überraschen. Einer raffinierten Triologie von rohem Thunfisch folgt ein wachsweiches Wachtelei auf Petersilienpüree mit kross gebratener Hühnerhaut und Trüffel, auf einem Löffel, mit einem Haps, ein großes Glück. Jetzt wird ein weißer Würfel serviert, nicht größer als ein Brettspielwürfel, darauf eine konfettigroße Scheibe Rote Bete und ein kleiner Berg Kaviar. Die Wände des Würfels sind aus hauchdünnem Zucker, die knusprig im Mund splittern und eine kühle Joghurtcreme entlässt, für ein perfektes Zusammenspiel der Aromen. Unfassbar gut, jeder Vorwurf der Effekthascherei verbietet sich am Gaumen von selbst. Zum Abschluss der Amuse Geule-Parade schmiegt sich eine frische Auster an würziges Auster-Sojagelée, unter einer luftigen Decke aus Apfelschaum.

Ein befreundeter Feinschmecker erklärte mir Unterschiede und Bedeutung der Sterne-Vergabe neulich so: ein Michelinstern steht für eine außergewöhnlich gute Küche, der zweite Stern für eine außergewöhnliche gute Küchenleistung, zwingend verbunden mit kostenintensiven Produkten, hohem Personalaufwand, teurer Ausstattung sowie einer sehr umfassender Weinkarte. Den dritten Stern gibt es für all das plus einer zukunftsweisenden und inspirierenden Küche. Dieser Einschätzung folgende, leuchteten Klaus Erforts drei Sterne für uns bereits über seinen „Délices“.

Das eigentliche Menü beginnt mit einem Gänsestopfleber-Parfait mit Haselnuss-Pannacotta und einem cremigen Birnensorbet, letzteres der Star im perfekt orchestrierten Zusammenspiel aus Geschmäckern, Konsistenzen und Temperaturen. Das Birnensorbet schmeckt samtweich nach nichts anderem als Birne und das sehr intensiv, quasi das Ideal einer Birne.
Beinahe klassisch muten dagegen die beiden nächsten Gänge an: das Pot au Feu von Gambas und Kaninchen mit Poweraden-Artischocken (auch: Zwergartischocken) perfekt zubereitet, Gamba wie Kaninchen noch leicht glasig, in perfekter Harmonie mit den winzigen Artischokenböden und der aromatisch reichen, ungebundenen Sauce. Natürlich ebenfalls perfekt gegart der Steinbutt, auf hauchzartem Spitzkohl mit Perigord-Trüffeln. Man schmecke den Eigengeschmack des Fisches überhaupt nicht, bemerkt Freund Bruce mit strenger Miene. Wir müssen beide sehr lachen über unser neues Spiel „Jammern auf allerhöchstem Niveau“ und Lachen ist erlaubt im Gästehaus Erfort, es ist der Verdienst der Servicebrigade, dass die Atmosphäre des Restaurants geprägt ist von ungekünstelter und so herzlicher wie unverbindlicher Gastfreundschaft. Wir fühlen uns wohl.

Der Hauptgang, Pauillac Lammrücken mit konfierten Salz-Zitronen und Gartenkräutern ist raffinierter als es zunächst klingt: Die saftigen Scheiben vom Lammrücken haben eine aromatische „Kruste“ aus grobem Meersalz, schwarzem Pfeffer und eben jenen Salz-Zitronen, die dunkle Jus dazu ist samtig-konzentriert und tief, die kleinen Nocken von Auberginen- und Tomatenpüree sind groß im Geschmack. Für unser Spiel „Jammern auf allerhöchstem Niveau“ schlage ich die begleitenden, winzigen Gelatinewürfel vor, die intensiv nach Zitrone schmecken, aber von unschöner Konsistenz sind. Während Kollege Bruce sich einer schönen Käseauswahl aus den Reiferäumendes weltberühmten Elsässer Käsepapstes Bernard Antony (Maître Antony) erfreut, verblüffte die Küche mich noch einmal mit einem Glanzstück: Munsterkäse, heiß und halbkugelförmig auf Weingelee serviert, mit luftigem Munsterkäse-Schaum getoppt. Mit einer „Interpretation von Apfelstrudel“ endet das Menü, drei stehende knusprige Strudelteigröhren, zwei gefüllt mit feinstem Apfelragout, getoppt von cremigen Rum-Rosineneis, eines mit süßem Apfelschaum.

Ein wunderbarer Abend, das Essen selbst, der auffallend angenehme, verlässliche Rhythmus der Speisefolgen, die excellent ausgewählten Weine, der unprätentiöse Service unter der Leitung des charmanten und kenntnisreichen Maître Jerôme Pourchère. Monsieur Pourchère wahrt auch in Krisensituationen die Contenance! Zum Kaffee passiert es, ich verschütte selbigen großzügig, beim beherzten Griff nach der üppig bestückten Friandise, auf der bis dahin jungfräulichen Stoffdecke. Wortreich entschuldige ich mich für mein kleines Malheur. „Aber, non, Monsieur!“, beschwichtigt der Maître und schieb galant den Friandise-Teller über die Kaffee-Flecken, „ also isch abe nischts gesehen!“

GästeHaus Klaus Erfort
Mainzer Straße 95
66121 Saarbrücken
Tel: 0681/9582682
Fax: 0681/9582684
www.gaestehaus-erfort.de

Nachtrag:

hier noch die Weine, die begleitend zum oben beschriebenen Menü gereicht wurden:

2007 Muscat de Beaumes de Venise
Domaine de la Pigeade

2007 Weißburgunder Gr. Gewächs
Dr. Heger

2007 Rully „Les Cailloux“
P.Y. Colin-Morey

2003 Cabernet-franc
Knipser

2007 Riesling Spätlese
Goldstückchen
F.J. Eifel

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