Unterwegs: Aalräuchern am Westensee

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Das Wochenende verbringen wir bei Freunden am Westensee, in eben jenem Wochenendhäuschen, dass Schauplatz der Geschichte „Männer wie wir“ in meinem Buch ist (S. 136). Diesmal gerieten die Jungs nicht in Seenot und das Anglerglück war ihnen gewohnt hold. Als wir am Freitag anreisen, kringeln sich acht kapitale Breitkopf-Aale in einem Hänge-Kescher, der mit einem Seil am Bootssteg befestigt ist.

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Als Köder dienten den beiden Lizenzanglern extra importierte „Canadian Giant Nightcrawlers“- dicke Tauwürmer. Im verschlossenen Kescher, unter Wasser, erklären mir die Jungs, „laufen die Aale schlank“: der Fang der vergangenen Urlaubswochen verliert während der, mehrere Tage dauernden, Zwangskasernierung Fett und, äh, anderen Ballast.

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Das Schlachten der schlanken Aale ist nicht ganz ungefährlich. Mit dem waidgerechten Genickstich werden die Aale getötet, bewegen und winden sich aber weiterhin pfeilschnell und elegant in den Händen der Schlachtmeister, ein raues Handtuch sorgt für besseren Griff. Das Ausnehmen der Tiere erfordert Geschick und Konzentration, Gefahr droht durch die messerscharfen Angelhaken die teilweise von den Fischen mit dem Wurm verschluckt („einschlürfen“) wurden. Auch die Gallenblase gilt es nicht zu verletzten, die Gallenflüssigkeit macht den Fisch ungenießbar. Ich durfte außerdem erleben, dass sogar bereits ausgenommene Fische noch große Strecken mit hoher Geschwindigkeit zurücklegen können.

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Sorgfältig werden die ausgenommenen Tiere mit kaltem Wasser gewaschen und kommen über Nacht in eine Lake aus Wasser und Salz (80 g Salz auf einen Liter Wasser). Der Schleim löst sich dabei und die Fische werden leicht gesalzen. Schwierigkeiten bereitet es dabei, den anwesenden Frauen zu erklären, dass die toten Schlangen über Nacht zwingend in der Kühlschrankschublade, und im Kühlschrank, gelagert werden müssen. Das Einwickeln der kompletten Schublade in Klarsichtfolie entschärft die Diskussion nur wenig.

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Am nächsten Tag werden die Fische noch mal gewaschen. Die Räuchertonne im Garten aufgestellt und die Räucherschublade mit Papier, Holz und Kohle befeuert. Glüht die Kohle wird wieder Holz aufgelegt und das Feuer in die Räuchertonne geschoben. 90 Grad soll die Tonne idealerweise haben, die Jungs prüfen die Temperatur durch Handauflegen („total kalt!“).

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Die Fische werden auf Haken gezogen und an einem Gitter in die Räuchertonne gehängt. Dort garen die Fische zunächst 30 Minuten. Ein Knistern von herabtropfendem Fett auf die Grillkohle verrät den Räuchermeistern, dass die Fische gar sind. Die Bauchlappen strecken sich in der Hitze, die Fische „öffnen“ sich. Jetzt erst wird geräuchert.

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Feinstes Buchenholzmehl wird auf die Kohlen gestreut, sofort entwickelt sich ein undurchsichtiger Rauch, die Temperatur sinkt ab jetzt und beträgt idealer Weise 40 Grad, eineinhalb Stunden räuchern die Fische, bis die Flanken goldbraun glänzen.

Ofen

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Direkt aus dem Ofen werden die Fische in Zeitungspapier gerollt, einen verspeisen wir sofort.

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Die Haut löst sich beinahe von selbst vom perlweißen Fleisch und der Aal schmeckt unglaublich lecker: nur fein geraucht, das Fleisch erinnert eher an vornehme Forelle, der typische tranig-fettige Charakter fehlt hier völlig. Ich bin begeistert. Butterbrötchen werden geschmiert und mit dem warmen Aaalfleisch belegt. Ein großes kulinarisches Glück.

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