„Sodaladerwahnsinn!“ (Der Kaiser geht vorbei)

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Der Besuch im ToroToro „Österreichs bestem Spanier“ (*Falstaff GOURMETguide Österreich 2009, 90/100 Punkten) wird mir zweifelsfrei lange in Erinnerung bleiben, nicht nur wegen der großartigen Küche, mehrfach beschlich mich der Verdacht Opfer der Versteckten Kamera zu sein. Doch weder Kai Pflaume noch Frank Elstern oder Kurt Felix zeigten sich, der Kaiser kam persönlich. Erst einmal aber begann der Abend unauffällig:

Herzlich werden wir von Patron und Service empfangen, das ToroToro liegt malerisch auf den Hügeln von Hallein, an der Peripherie von Salzburg. Wir sitzen im blumenreichen Garten des alten Schlosses, die dicken sandfarbenen Wände reflektieren die Hitze des Tages, es duftet nach Rosen und Knoblauch, ein leichter Wind weht, Singzikaden und Grillen geben ein leises Konzert, Kerzen flackern, die Tische sind mit blütenweißen, bestickten Decken überzogen. „Sodala Compadres, was dürfen wir eana Gutes tun?“ fragt der Herr Ober und wo wir schon mal hier sind bestellen wir das große Menü. Eine hervorragende Auswahl an verschiedenen Sherry-Typen ist im Angebot, sie begleiten mich durchs Menü, meine Gastgeber, Herr und Frau Ami, wählen aus der umfangreichen Weinkarte.

Los geht es mit kalten Vorspeisen und los geht auch unser Herr Ober: „Sodala Compadres, Señora und Señores, wir faangen aan mit unseren hinreeeißenden Vorspeeeisen, die woam-koiden Edndradas, a fantastische Erdäpfelcreme mit ama Wahnsinns-Olivenöl und a supertolles Schwammerln-Ragout im Glos, dazu an spitzen Schinken und absolut leckere Melone mit Shrimps, und a no die Calamares mit a wahnsinnig guaden Karamel-Salsa, also I dat sogn da miassn mir uns ned scheamen!“ Wau. Ok. Wir erkennen staunend an, dass unser Herr Ober die Liebe zur restauranteigenen Küche relativ geschickt mit einer gewissen Passion für Public Relation verknüpft und essen mit Appetit. Wirklich gut, der spanische Schinken der mit hauchfein gehobelter Ananas serviert wird, auch das Kartoffelpüree im Glas überzeugt, knackige Pfifferlinge dazu, eine feine Olivenölnote. Die Melonenkugeln mit Shrimps und Möhrenstreifen erscheinen dagegen so gestrig wie belanglos. Die wachsweichen Calamares-Tuben sind schön gebraten und mit feinen Streifen von Sahnekaramell überzogen, das schmeckt wiederum sensationell.

Das weiß auch unser munterer Herr Ober, räumt ab und ruft: „Da miassn mir uns ned scheamen!“ Wir pflichten ihm bei, schon geht es weiter, mit: „unseren Fischen, a super Filet von der Dorade, und des andere san sagenhaft guate Filets vom Merluza inna super Salsa, des is a wahnsinnig bekömmlich, lossns sich des schmecken!“. Machen wir, wir wissen ja auch jetzt schon wie super und sagenhaft alles schmecken wird. Die Lobpreisungen von Mister Superlative erfüllen sich aber tatsächlich, ein Gang wie ihn auch mein Lieblingskoch Alain Ducasse lieben würde, der sagt: „Gute Zutaten, die richtige Garzeit, Salz, Pfeffer, fertig.“

Für mich der kulinarische Höhepunkt des Abends: halbierte Langustinen, noch leicht glasig, perfekt gegart in einem buttrigem Weinsud, mit Kräutern und Zitrone. Toll! Herr Ober erklärt: “Der Wahnsinn unserer Langustinen, tunkens bittschön unbedingt des köstliche Brot in die sensationell würzige Salsa!“ Machen wir. Guter Tipp!

Es wird zur heiteren Gewohnheit, ein bisschen freuen wir uns schon auf die Auftritte des herzlichen Obers zwischen den Gängen, allerdings fällt es im Verlauf des Abends immer schwerer, die Contenance zu wahren, zu schön sind die Lobpreisungen der Speisen aus berufenem Munde. Beim Fleischgang passiert es. Aus dem Nichts taucht der Herr Ober auf, wir zucken ein bisschen zusammen, da kommt der Fleischgang mit den Worten: „Sodaladerwahnsinn! Unser Fleischgang! Supa-zartes Rind mit…“ Ich kann nicht mehr. Ich gebe auf. Sodaladerwahnsinn überfällt mich. Das Lachen platzt aus mir heraus. Was es denn zu Lachen gäbe, fragt mich unser Herr Ober, er schmollt schon ein bisschen auf verdacht und es tut mir sehr leid das ich gelacht habe, und ich weiß auch gar nicht was ich sagen soll, dann spricht es aus mir: „Verzeihung, es ist nur, Sie…Sie…sind so…äh…dynamisch.“ Na supa.

Das Fleisch ist butterzart, perfekt gebraten, die Jus rund und tief im Geschmack, absolut perfekt. Merkwürdig wortkarg wird das Zitronensorbet eingesetzt (es tut mir sehr leid!), ein Sorbet das ein paar mehr Superlative verdient hätte, es ist, wie alles was aus der Küche des ToroToro kommt in seiner Schlichtheit absolut gelungen, geschmacklich dicht, in Perfektion.

Plötzlich verändert sich die Stimmung im Garten. Moleküle wirbeln aufgeregt durcheinander, die Sterne stehen im wolkenlosen Himmel Spalier, der Mond erhöht die Wattzahl, es wird andächtig still, alles ruht gespannt, selbst der Wind stellt das Wehen ein. In die Ruhe hinein Kinderlachen, eine ganze Kinderschar zieht jauchzend an unserem Tisch vorbei, viele Kinder und schöne Frauen und in der Mitte, hoch erhobenen Hauptes, das graue Haar akkurat nach hinten gewellt: der Kaiser! Ja er ist es. Würdevoll schreite er den Kiesweg entlang, streichelt beiläufig Kinderköpfe und blickt ernst durch die randlose Brille, atemlos folgt das Volk an den Tischen dem Kaiser aus den Augenwinkeln. Ein paar Meter noch. Der Kaiser entschwindet durchs Gartentor. Wir durften den Garten mit dem Kaiser teilen. Darauf einen eisgekühlten Amontillado!

Auch unser Herr Ober ist gottlob wieder bei Sprache, wir hatten das vermisst! „Sodaladerwahnsinn unser Dessert, des mögen die Señoras immer am liebsten, *zwinkerzwinker*, a sensationelles Schokoladenmousse mit ama super Marillenkompott! Also I dat sogn da miassn mir uns ned scheamen!“
Nein, wirklich nicht!

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ToroToro
Schloss Altendorffstraße 2
5400 Hallein bei Salzburg
Tel: 0043/6245/84 223
www.toro-toro.at

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