Fundstück der Woche: "Das Schwein und der Metzger"

Das kommende Wochenende werde ich mit anderen Interessierten auf einem Hofgut in Neuruppin verbringen, wir werden dort eine handwerklich traditionelle, für die Tiere möglichst stressfreie und artgerechte Schweineschlachtung erfahren und unter Anleitung von Fleischermeistern ein ganzes Schwein möglichst komplett verarbeiten. Wir werden zerlegen und portionieren, wursten, kochen und einmachen, pökeln und gelieren. Und wir werde versuchen möglichst nichts wegzuwerfen vom Tier. Ich habe keinen Moment gezögert als ich von der Möglichkeit erfuhr, jetzt bin ich gespannt was das, insbesondere die Schlachtung selbst, mit mir macht.

Passend zum Thema hat mich vergangene Woche webicus auf den folgenden, kurzen Film aufmerksam gemacht: „the pig and the butcher“ zeigt den Metzger Vadim Akimenko bei seiner Arbeit, er zerlegt eine Schweinehälfte so präzise, dass nur 500 g Unverwertbares übrig bleibt. Der Film erzählt von der Kunstfertigkeit des Fleischerhandwerks, kündet aber auch von der Würde und dem Respekt den der Metzger dem Tier bestenfalls entgegen bringt. Ein filmisches „nose to tail“ als Gegenentwurf zu sauber in Styroporschalen mit Klarsichtfolie überzogenen Schweineschnitzeln, die auch dieses Wochenende wieder in einer Handelskette zum Kilopreis von 2,99 € verkauft wurden.

[vimeo vimeo.com/8165543]

  1. Sehr interessant! Ich habe leider bislang vergeblich nach einem Schlachtkurs gesucht – ein Anbieter im Wendland, der das noch vor Jahren anbot, schrieb knapp, er biete das nicht mehr an, dafür Bierbraukurse. Auf die Frage, ob andere Höfe das anböten, schwieg er. Kannst Du vielleicht mehr dazu verraten?

  2. Huch, wo ist mein Kommentar geblieben?

    Ich suche schon seit längerem nach einem Schlachtkurs. Ein Wendland-Bauer, der das noch vor wenigen Jahren anbot, schrieb, dass er das nicht mehr anböte, dafür Bierbraukurse. Auf die Frage, ob er andere Höfe kenne, die das anbieten, schwieg er.

  3. Nach genau so einer Möglichkeit (Teilnahme an einer Schlachtung) suche ich auch schon seit längerem. Tips, wo man das noch machen kann? Im Umkreis von Hannover möglichst?

  4. Sehr entspannt, das Video, finde ich, und sehr blutfrei. 🙂
    Viel Spass beim Schlachten und Verarbeiten. Mir fehlen die hausgemachten Produkte sehr, die meine Familie noch bis ca. 2000 gemacht hat… Die Schreie der sterbenden Schweine werde ich aber auch nie vergessen.

  5. Ästhetik pur. Und bei uns gibt es heute Sauerbraten…

    Das sollte ein Pflichtvideo für alle vegan oder vegetarisch gefährdete Personen sein.
    Ich war übrigens als Kind von 5 schon beim Schlachten auf dem Bauernhof dabei. Da blieb auch nichts übrig. Und ich erinnere mich an das Beste: die Metzelsupp.
    Ach.

  6. Genau was Fressack schreibt, wollte ich auch erwähnen. Von klein auf war ich Zuschauerin beim Schlachten. Als ich größer war, schickte mich die Bäuerin mit einem Einkaufszettel zu einem von vier Metzgern – in einem Dorf von 2.500 Einwohnern -, und ich wußte, das sind alle Würzzutaten für den Schlachttag. Am Schlachttag selbst hatte alles etwas für mich fast ehrfürchtig Rituelles. Darüber hat auch Vincent Klink schon einmal ganz wunderbar geschrieben. Und wenn es dann so weit war, hat die Bäuerin Metzelsupp in verbeulte Milchkannen und andere Henkelgefäße gefüllt und mich losgeschickt, den Zetteln entsprechend die Metzelsupp zu liefern. Was kam ich mir wichtig vor. Wenn ich hier in Berlin von so etwas erzähle, sehen mich die meisten an, als sei ich ein Alien. Aber schon solche Schulung und Erinnerung hat mich zu einem kritischen Genießer und Kunden gemacht.
    Schon seit Wochen bin ich auf die Ergebnisse des „pork camp“ gespannt und hoffe natürlich, daß Fergus Henderson’s Geist über Gut Hesterberg schweben wird. Viel Spaß und Genuß allen, die sich an der Metzgete beteiligen.

    1. Oh, Metzelsuppe, das ist Kindheit! Die holten wir früher in Milchkannen vom Bauernhof in der Nachbarschaft meiner Oma und das war so lecker! Und ja, kaum jemand, dem ich davon erzähle, weiß, wovon ich rede. Hach… an die drei Jahrzehnte habe ich nicht mehr von dieser guten Suppe gekostet.

  7. Mit Verlaub: Das, was dort oben auf dem Tisch liegt, ist kein Schwein, sondern ein Schweinchen. Noch dazu ein gut durchgekühltes. In meiner Hausschlachtegeschichte (bei Interesse, einfach mal nach Hausschlachtegeschichte suchen) beschreibe ich so einen Schlachttag, bei dem ein Schwein (knapp 400 Pfund) warm verarbeitet wird. Die Bilder sind durchaus etwas martialischer; mit Absicht. Der Konsument soll ruhig wissen, dass für seine Wurst Tiere sterben müssen. Auch macht es einen Unterschied, ob ich gekühltes, oder schlachtwarmes Fleisch auslöse und verarbeite. Bis auf das Blut (bei uns mag leider niemand Rotwurst oder Blutsuppe) wurde ebenfalls alles verarbeitet, in der Hauptsache Mettwurst hergestellt. Mein Schweinchen taufte ich übrigens auf den Namen „Ohneglutamatine“, wobei der Name Programm war.
    @ Thomas Crown: Solltest Du denn zu fassen sein, im Herbst kann ich Hilfe gebrauchen :-), dann wird wieder geschlachtet. Von Hannover ca. 90 km entfernt.
    @ Herr Paulsen: Ich wünsche Dir viel Spaß bei Deinem Abenteuer „Schlachten“, und freue mich auf einen, sicherlich weniger martialischen, Bericht.

    1. Da habe ich doch sofort die Idee für ein herbstliches Bloggerschalchten, eh, Schlachten mit Bloggern.
      Da täte ich ja hinfahren.
      Und helfen.
      Betrachte das als Handschuh. Fehdehandschuh…

  8. Marqueee: da hört man mal wieder, wie wichtig und wirkungsvoll doch die richtige Musikauswahl im Film ist!

    Véronique: „das Schreien der sterbenden Schweine“, jetzt fürchte ich mich doch ein bisschen, bislang warnte man mich nur vor dem Schlachtgeruch.

    Thea, Zimtapfel, Fressack: erstaunlich, was für mich echtes Neuland ist, ist für viele Menschen Erinnerung, ich treffe in diesen Tagen ganz viele Menschen die erzählen, sie kennen das aus ihrer Kindheit oder Jugend. Ich hab da echt was nachzuholen und befürchte schon in der kommenden Generation wird niemand mehr vom Schlachttag zu erzählen haben.

    Mike, ist schon klar, was mich an dem Film ansprach ist die Haltung die hier zum Ausdruck kommt, die finde ich bemerkenswert. Ihr interessanter Schlachtbericht hingegen ist eher pragmatisch-realistischer Prägung 🙂 Danke für den Hinweis!

  9. Hier wurden schon einige wichtige und teilweise essentielle Gedanken geäußert. Z.B. dass heute kaum noch jemand weiß, wie aus einem Tier ein Schnitzel wird. Dass viele Leute Menschen mit Schlachterfahrung (bei mir waren es *nur* Kaninchen) als Alien oder gar ‚Barbaren‘ betrachten.

    Es gab mal so eine Kochserie mit S. Wiener auf arte, bei der auch für eine Folge Kaninchen geschlachtet wurden. ‚Um den Kindern zu zeigen, dass Tiere ihr Leben lassen, damit wir essen können.‘ Dort war von totaler Verweigerung über Erstaunen (‚Das schmeckt ja trotzdem‘) bis zu Gleichgültigkeit alles vertreten. Außer (IMHO) ein gesundes Verhältnis zum Vorgang Schlachtung (= Tod des Fellbündels). Aber das ist in meinen Augen ein ‚Verdienst‘ der Fleischindustrie, die nämlich genau nicht will, dass sich der Verbraucher zu viele Gedanken über sein Fleisch (also das auf dem Teller) macht.

    Vielen Dank an Herrn Paulsen für die Anregung. Ich werde ins Auge fassen, meine Familie mal zu so einem Ereignis mitzunehmen.

  10. Einmal war ich beim Schlachten dabei. Es war ein kleiner Betrieb, an diesem Tag wurden drei Schweine geschlachtet. Was würdevolles hatte das nicht. Übrig geblieben ist in mir das Gefühl, dass die Tiere wussten, was auf sie zukommt.
    Als ich klein war hatten wir ein paar Jahre lang Kaninchen, die es immer zu Weihnachten oder Ostern (!) gab. Das hat mich nicht so mitgenommen wie das Schweineschlachten, und da war ich 26.
    Ich habe Frau Wiener auch mal sagen hören: „wer Fleisch isst, muss über den Tod nachdenken.“ Wir vermeiden das ja gern, aber ich denke bei (fast) jedem Schnitzel an den Tag im Schlachthaus.

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