„Ahle Wurscht“-Abendessen mit Wurstsack und Kitchen Guerilla im Restaurant Trific

Wurstsack at work

Die Frau am Nebentisch ist aufrichtig empört, es schwingt auch ein bisschen Mitleid in ihrer Stimme mit: „Wurstsack! So nennt man doch keinen Menschen!“ Doch in diesem Fall schon, der Mann tut das sogar selbst: Der Wurstsack, das ist Hendrik Haase, Foodblogger (www.wurstsack.blogspot.com),Slow Food-Mitglied und kulinarischer Aktivist. In seiner Funktion als Botschafter der hessischen Ahle-Wurscht ist Haase zwei Abende lang Gast der Kitchen Guerilla, die diese Woche das Hamburger Restaurant Trific gekapert haben.

Großer Bahnhof beim gestrigen Auftakt: ein Fernsehteam vom NDR dreht bereits im ausverkauften Restaurant als ich gegen 20.00 Uhr eintreffe, in der Küche laufen die Vorbereitungen für das dreigängige „Abendessen mit Ahle-Wurscht“. Bier-Sommelière Esther Isaak schenkt zum Auftakt gläserweiße eiskaltes FRITZ INdian Pale Ale aus, ein genial frisches, rundes „Aperitif“-Bier, dass Lust auf mehr und ordentlich Appetit macht.

Aus den Boxen im Gastraum rocken The Clash, an den langen Tischen kommt man schnell zusammen und ins Gespräch, lernt sich kennen. Auch am heutigen Abend, unter Kitchen Guerilla-Flagge, hat sich die typische Trific-Gäste-Mischung aus Jungvolk und entspannten Best-Agern eingefunden, hier genießen alle gemeinsam das gute Essen.

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Los geht es mit einem Aalrauch-Matjes Tatar, angenehm dickwürfelig geschnitten, mit roten Zwiebeln, einer feinen Rauchnote und einer Ahnung von Weißwein. Klasse! Der zurückhaltend gewürzte, schwäbische Kartoffelsalat mit Hamburger Wildkräutern hat es da beinahe schon schwer. Insgesamt: so schlicht wie ergreifend!

Remmidemmi in der kleinen Restaurantküche, zum Hauptgang gibt Paul Kalkbrenner aus dem Küchen-Ghettoblaster den Techno-Takt für die Mannschaft vor. Olaf von den Kitchen Guerilla und Hendrik Haase arbeiten gut gelaunt im Akkord.

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Neben Holzofenbrot, guter Butter, Käse, Gewürzgurken und einem später noch gereichten Tomatensalat spielt Ahle-Wurscht die Hauptrolle beim Abendbrot-Teller. Hendrik Hasse beglückt uns mit einer einmalig großen Auswahl der hessischen Wurst-Spezialität, die irgendwo zwischen Mettwurst und Salami liegt: neben zwei Jahre gereifter Ahle-Wurscht findet sich auch Wildschwein-Ahle, Leberwurst-Ahle und eine Ahle Wurscht mit Fenchel auf den riesigen Tellern -Letztere laut Haase „eher neumodisch“, aber ebenso köstlich wie die Traditionswürste, die allesamt von der Landfleischer Neumeier aus Walburg am Naturpark Meißner stammen.

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Dort, im nordhessischen Bergland, schlachten und wursten Neumeiers selbst. Und zwar nur ausgewählte Schweine von kleinen, landwirtschaftlichen Betrieben der Region. Schweine, die ausreichend Freilauf haben und während ihres langen Lebens ausschließlich regional erzeugtes Futter und hofeigenes Getreide bekommen. Legen Sie da mal eine Supermarktsalami daneben. Alleine der Duft!

Von allem gibt es reichlich und es wird auf Wunsch ordentlich nachgelegt. Und gerade als ich denke, schöne wird’s nicht, tragen plötzlich zwei Herren ein gekühltes Bierfässchen und eine Zapfanlage ins abendlich illuminierte Restaurant, schnell ist aufgebaut und angezapft. Der eine Herr, im Blaumann und mit hochgekrempelten Ärmeln, ist Stefan Riggert von der „Ganz Private Brauerei Schmieriger Lachs“. Wie bitte? Nun ja, erklärt Herr Riggert, man saß da also mal jung zusammen, es floss auch Bier und es wurde lustig und man dachte darüber nach, wie es wäre eine Bierbrauerei zu haben und was es da wohl für superlustige, extrem werbeuntaugliche Brauerei-Namen gäbe. Der Rest ist Geschichte und das Bier ein feinperliges, frisches Wunderwerk, von dem ich Ihnen aber nicht weiter vorschwärmen werde, denn: es ist sehr schwer ranzukommen.

Internetseite? Nö, Riggert schüttelt den Kopf. Vertrieb in Hamburg oder so? Riggert schüttelt wieder den Kopf: „Wir produzieren zwischen 5.000-18.000 Liter Bier im Jahr, je nachdem wie es insgesamt so läuft. In der Holstenbrauerei läuft das in 15 Minuten durch. Unser Bier geht dann immer direkt bei uns in der Gegend weg.“, entschuldigend zuckt Riggert mit den Schultern. Ich habe Verständnis und nehme schnell noch eins.

IMG_7206 Axl bringts: noch ein Bier!

Zur Joghurtcreme mit Blaubeeren im Glas reicht dann wieder Esther Isaak ein schwarz-dunkles Bier mit dem klingenden Namen „Kyritzer Mord und Totschlag“. Ein Bier wie ein Espresso, tiefschwarz, vielschichtig und von feiner, karameliger Süße. Groß!

Die gute Nachricht zum Schluss: bis auf das Bier der Ganz Private Brauerei Schmieriger Lachs, können Sie alles Spezialitäten nachschmecken. Die Ahle-Wurscht-Spezialitäten der Landfleischerei Neumeier können online bestellt werden:

www.ahle-wurscht.de

Verkostungsnotizen und Fotos aller angebotenen Bierspezialitäten sind auf dem Blog der Kitchen Guerilla zu finden:

Kitchenguerilla/Trific Bierkarte

und können in Esther Isaaks „Bierland“ erstanden und verkostet werden. Allgemein ist die Beratung durch Frau Isaak so umfassend wie fundiert.

www.bierland-hamburg.de

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