Probiert: Hamburger Schlemmersommer mit Fränkischen Weinen im Fillet of Soul

„Rotwein können wir nicht.“ seufzte mein Lieblingsweinhändler neulich resigniert, über ein Glas mit deutschem Spätburgunder von wässriger Farbe und schwer süßlichem Schwänzchen gebeugt: „aber unsere Weißweine sind unerreicht, Weltklasse!“. Persönlich gebe ich den deutschen Rotwein noch nicht so schnell auf, den zweiten Teil der steilen These meines Weinberaters durfte ich mir gestern eindrucksvoll auf der Zunge zergehen lassen.

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Das Informationsbüro Frankenwein hatte im Rahmen des Hamburger Schlemmersommers 2011 zum Frankenwein-Menü ins Restaurant Fillet of Soul geladen, einem von insgesamt fünf Hamburger Restaurants die noch bis zum 15. August eine dreigängige kulinarische Reise durchs Weinland Franken anbieten.

Begrüßt werden wir von Gérard Depardieu, der uns von einem Plakat über dem Restauranteingang leicht zerknirscht zuprostet. Das Plakat ist Hinweis auf die Visual Leader 2011 Ausstellung in den nachbarschaftlich gelegenen Deichtorhallen (Haus der Fotografie). Das wunderbare Foto selbst ist von Jonas Unger und gehört zu einer glänzend geschriebenen, sehr intimen Reportage über den Mensch und Winzer Depardieu auf ZEIT ONLINE, die ich an dieser Stelle einfach noch mal empfehlen muss!

Es ist tatsächlich Sommer in Hamburg an diesem Abend, wir nehmen auf der Terrasse des Restaurants Platz, der freundliche Service bringt mit Rosmarin aromatisiertes Olivenöl, grobes Salz und ein dichtes, duftendes Kräuterbrot aus eigener Herstellung. Als Gruß der Küche wird ein holzofengebackenes Brot mit Leberwurst und Essigurkenwürfeln gereicht, ich mag ja derartig rustikal Auftritt sehr und es schmeckt!

Der erste Bocksbeutel wird aufgeschraubt, ein 2010 MundART Müller-Thurgau Kabinett trocken vom Weingut Geiger & Söhne. Was für ein prächtiger mundvoll Wein! Holunderblüten umranken duftende Aprikosen, knackig frisch und sonnengelb funkelt der Wein im Glas, ein gehaltvolles Leichtgewicht. Perfekt dazu die Vorspeise aus der Fillet of Soul Küchen.

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Warmer hausgeräucherter Lachs auf kalter Kartoffel-Buttermilchcreme mit Brunnenkresse, Orangenessig und frischem Meerrettich. Der Lachs ist butterzart und auf den Punkt geraucht. Ein Kunststück, dass nicht in allen Küchen gelingt, es ist ein schmaler Grat zwischen feiner Rauchnote und kaltem Aschenbecher. Der Kartoffel-Buttermilchstampf erdet das Gericht, verbindet die Schärfe der Brunnenkresse und des Meerrettichs mit der süßen frische der fruchtigen Orangentunke. Das Gericht spiegelt sich passgenau im Glas.

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Der für uns zuständige Servicemitarbeiter ist kein Sommelier, mehr als Name, Jahrgang und Rebsorte der Weine sind ihm nicht zu entlocken. Und da macht überhaupt nichts. Charmanter und freundlicher, mit maximaler Aufmerksamkeit und einem ungekünsteltem Interesse am Wohle des Gastes, wurden wir selten bedient. Und die Weine sprechen für sich.

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Zum Hauptgang habe ich Fisch gewählt. Zur Dorade mit butterzarten Ricotta-Gnocchi, geschmolzenen Tomaten, ligurischen Oliven und mariniertem Babyspinat schmeckt ein 2009 FRANCONIA Nordheimer Vögelein Kerner Kabinett, Divino Nordheim, ein eleganter Wein mit Noten von gelben Früchten und Holderblüten, dabei aber nicht blumig sondern feinwürzig, im Hintergrund winkt ein Thymianzweig. Das passt zur Dorade, der Wein kann es sogar mit den kräftigen ligurischen Oliven aufnehmen und sogar die Himbeer-Essig-Sirup-Kleckerei am Tellerrand macht zusammen mit dem Wein genossen Sinn. Die Liebste bekommt zu den gleichen Beilagen ein gegrilltes Flanksteak im Schinken-Mantel und Letzteren hätte es wirklich nicht gebraucht. Das ist keinesfalls als Kritik zu verstehen sondern dient ausschließlich dem Lob des Fleisches.

Das eher selten angebotene Sonderstück, „Rinderlappen“ (Dünnung, Flanke, frz.:Bavette) aus dem hinteren Bauchbereich wurde mit Niedrigtemperatur gegart, ist butterzart, dabei dennoch fest im Biss und, vom Schinken befreit, auch solo eine hocharomatische Angelegenheit. Dazu schmeckt der mineralisch kräftige 2010 Edition VALENTIN Weißburgunder QbA trocken vom Winzer Sommerach.

Desserts finde ich ja allgemein überschätzt. Und bei diesem hier blieb ich, ehrlich gesagt, bei Besinnung. Der Käsekuchen gewöhnlich, der Rhabarber im Rhabarberragout noch hart, das angekündigte und sehnsüchtig erwartete Joghurt-Waldmeister-Eis war dann ein, immerhin sehr gutes, Nougat-Eis.

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Dieser einzige Ausrutscher an einem ansonsten perfektem Abend mag freundlich dem immer wieder festgestellten Umstand geschuldet sein, dass wirklich gute Köche keine Desserts können. Von äußerst befriedender Wirkung die dazu gereichte 2009 Escherndorfer Fürstenberg Silvaner Beerenauslese, vom Bocksbeutelhof Escherndorf. Eine anbetungswürdige Beerenauslese von raffinierte Süße und Vielschichtigkeit. Dazu ein Stück Käse! Oder eine schöne Pâté! Ich sags ja, ich habs nicht so mit Desserts.

Das Menü kostet unschlagbare 59 Euro für zwei Personen, inklusive der großzügig ausgeschenkten Weine. Noch bis zum 15. August können Sie nachschmecken, im Fillet of Soul wird das ganze Jahr gut gekocht.

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Infos zum Hamburger Schlemmersommer 2011:

www.hamburg-kulinarisch.de

Reservierung Fillet of Soul:

www.fillet-of-soul.de
Mail: info(at)fillet-of-soul(dot).de
Tel: 040/70705800

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