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Noch ist die Luft nachtkühl, am Horizont räkelt sich die Sonne aus dem Meer und verspricht einen heißen Tag. Ich liebe die frühe Stunde am Strand, freu mich aufs kühle, stille Wasser, eintauchen, wach werden, ein paar Züge schwimmen. Doch erstmal: oh, ein Angler. Aus dem Eimer neben ihm ragt eine hübsche Fischflosse. Das Meer muss warten: „Bonjour Monsieur!“ Ich linse in den Eimer, Monsieur nickt einladend und ich hebe einen imposanten Barsch in die Höhe. Jetzt nicke ich, anerkennend. Dass ich den Fisch haben kann, sagt der Fischer beiläufig, und zunächst glaube ich mich verhört zu haben, übersetzte nochmal stumm für mich im Kopf, doch, doch.

„Wieviel?“, frage ich schließlich den Angler auf Französisch.
Monsieur zuckt mit den Schultern: „So um die einskommafünf Kilo vielleicht?“
„No, no, ich meine was kostet der Fisch?“
„Nichts. Ich kann in unserem Chalet nicht kochen. Geschenkt.“
Ich kann mein Glück nicht fassen und beginne zu verhandeln: „Flasche Wein?“
Monsieur schüttelt den Kopf und erklärt er trinke nicht mehr. Mit einer Mine des Bedauerns, fährt er mit einem Zeigefinger die Halbmondnarbe nach, die über seinen kugeligen Bauch läuft.
Mein Dank fällt auf Französisch ins Wasser, beim Versuch mehr als nur Merci zu sagen und ich sage: „Ich bin aufgeregt.“ und Monsieur versteht sichtlich die Aufregung nicht, nickt mir aber freundlicherweise zu, als verstehe er genau.

Am Abend hole ich den Fisch aus dem Eis und gehe mit Barsch, Holzbrett und Messer bewaffnet wieder an den Strand. Riesenwiedersehensfreude! Denn da steht der Fischer mit zwei weiteren Kollegen, zeigt abwechselnd auf den Fisch und mich, dann auf sich, als hätte er schon erzählt von seinem Fang und die Beweislage jetzt endlich an seiner Seite. Ich beginne damit den Fisch auszunehmen und zu schuppen, die drei Herren sehen interessiert zu.

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Ich bin froh, dass mal gelernt zu haben, die Herren sehen sehr genau zu und kommentieren jede Messerführung. „Ah der Holländer kanns!“, lobt einer der Zuschauer.

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Es scheint, dass ich, wenn ich die französische Sprache versuche, scheinbar mit holländischem Akzent spreche. Sachen gibt’s.

Gesegnet sei der Camping-Grill von Freund Stefan, denn der funktioniert erstens mit Gas (Holzfeuer verboten!) und zweitens wie ein Salamander-Grill, das Ding feuert von oben. Ideal für Fisch und ein paar vorgekochte Kartoffeln die ich, mit hauchdünnen Zwiebelstreifen belegt, um den Fisch drapiere. Reichlich Olivenöl über alles, Meersalz und Pfeffer und fertig.

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Auf halber Kraft und mittlerer Stufe grillt die Haut des Barsches nach 8 Minuten goldbraun auf. Das Wenden des Fisches mit Grillzange und Spaghetti-Zange entpuppt sich als einziges, kritisches Moment, doch die Wende glückt und nach weiteren 8 Minuten wird serviert. Zart zerfällt das saftige Fischfilet, lautlos lösen sich die Gräten aus dem Fleisch, dazu gibt es die leicht gerösteten Kartoffeln und gekaufte, französische „Schalotten-Bernaise“-Mayonnaise aus dem Supermarkt, das Glas zu einem Euro.

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Kalter korsischer Rosé wird nachgefüllt und wir stoßen an: auf das Leben, den Fischer und seine Frau und das große Glück, manchmal im Leben einfach was geschenkt zu bekommt.

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