Unterwegs: Grimme Online Award 2010, Köln

Einen Grimme Online Award gab es dann doch nicht für NutriCulinary, die zwei Tage die ich anlässlich der Verleihung des Online-Publizistikpreises in Köln verbrachte, waren allerdings ausgezeichnet. Nicht erst bei der Preisverleihung, schon am Abend zuvor wurde mir wieder einmal bewusst, was mich so begeistert an der Online-Kommunikation, an den netzmedialen Möglichkeiten, am Bloggen selbst: es bringt Menschen zusammen.

Die Lesung

Einen Tag vor der Preisverleihung reiste ich in Köln an und hatte so meine Bedenken. Kaum ein Literaturveranstalter käme auf die Idee, einen eher unbekannten Autor an einem lauschigen Sommerabend, und gegen ein WM Fußballspiel (Portugal : Spanien), auftreten zu lassen. Foodblogger-Kollege Torsten vom Allem Anfang…-Blog ging genau dieses Wagnis mutig ein. Als er von meiner Grimme-Preis-Nominierung erfuhr, überzeugte er Marco Kramer und Andreas Prophet von der Marien-Eck-Kochschule von der Dringlichkeit gemeinsam einen Menü-Leseabend zu gestalten und lud mich ein, mein Buch Monsieur, der Hummer und ich in Köln vorzustellen.

Schwer wog der Kranz aus Vorschusslorbeeren auf meinem Kopf, würde da überhaupt jemand kommen? Es kamen über 40 Gäste ins wunderschöne Marien-Eck, genossen an langen Tafeln das leichte Sommermenü (Griechischer Salat mit Skordalia, Fritto Misto mit Röstkartoffeln und Thunfischcreme, saftiger Birnenkuchen mit Ziegenfrischkäse-Creme), eisgekühlte Weißweine, gehaltvolle Rote und perlendes Flaschenbier. Das Lese-Menü zu meinem Buch ist, aus dramaturgischen Gründen, stets das gleiche, nur immer individuell interpretiert vom Chefkoch vor Ort. Andreas Prophet servierte eine ungemein elegante und sommerfrische Version, perfekt gewürzt und aromatisch.

Das Kölner Publikum gilt bis auf weiteres als mein Lieblingspublikum, ohne die geringste Aufwärmphase, wurde hier viel gelacht und kräftig geklatscht, sogar mit Zugabe, danke dafür! Und mein Dank an Euch Torsten, Marco und Andreas für Euer Vertrauen, die Einladung und die damit verbundenen Mühen! (in Torstens Blog gibt es eine ausführliche Nachlese, er stellte mir auch alle Bilder des Abends für diesen Blogbeitrag zur Verfügung).

Die Grimme Online Award 2010 Verleihung

Der Sommer hatte noch mal zugelegt und um nicht sofort durchzuschwitzen liefen die Liebste und ich den kurzen Fußweg vom Hotel zum Veranstaltungsort im Schneckentempo. So richtig rein in die Vulkanhalle wollte dann auch erstmal niemand. Bei warmem Sekt gab es viel zu sehen im Vorhof. Was den Begriff Abendgarderobe betrifft, da zeigten die Besucher der Grimme Online Awards eine so begrüßens- wie bemerkenswerte Interpretationsbandbreite.

Der Limousinen-Service entlud immer neue Prominenz vor dem roten Teppich, fasziniert betrachtete ich die mir eher unbekannten Berühmtheiten beim Posing für die Fotografen, derweil mir die Liebste die Namen der auftretenden Gäste soufflierte.

Miriam Pielhau und Jasmin Schwiers, Foto: Jens Becker für Grimme Online Awards

Oliver Welke und Ralph Caspers erkannte ich beinahe sofort. Sehr gefreut habe ich mich über Helmut Zerlett, dessen Arbeit ich sehr schätze und der an diesem Abend eine sehr schöne Hose mit Waden-Reißverschlüssen trug, die mich stark an meine Jugend in den Achtzigern erinnerte. Herr Zerlett und ich wechselten dann zeitgleich von warmem Sekt auf kaltes Kölsch.

Jana Pallaske und Helmut Zerlet, Foto: Jens Becker für Grimme Online Awards

Irgendwann wurden dann auch wir erkannt, und zwar von Miss Caro. Carolin Buchheim kennt sehr viele Menschen, herzlich und strahlend stellte sie die Nominierten einander vor, brachte die Blogger zusammen die sich noch nicht kannten. Daraus resultierte dann jener Tisch im inneren der Verleihungs-Sauna, an dem wir einen schönen, bereichernden Abend verbrachten. Moderatorin Miriam Pielhau erklärte dem Publikum dermaßen ausdauernd und bildreich die im Saal herrschende Gluthitze, dass sich für diesen Blogeintrag jede weiter Zeile zum Thema verbietet.

Smilla Dankert (anders-anziehen) / Carolin Buchheim (bloggold), Foto: Jens Becker für Grimme Online Awards

Gleich in der erste Rubrik „Kultur und Unterhaltung“ war auch NutriCulinary nominiert, in dieser Rubrik wurde nur ein Preis vergeben und der ging an frischfilm, die Kurzfilmplattform des Schweizer Fernsehens. Ich atmete auf und genoss den Rest des Abends. Die Nominierung meines kleinen Blogs war schon eine ziemliche Überraschung, ich hatte dabei aber immer das gute Gefühl nicht allein für mein Angebot, sondern stellvertretend für die wachsende Zahl an Foodblogs dabei zu sein, die mittlerweile eine deutliche Relevanz innerhalb des Netzes und über den Onlinebereich hinaus gewonnen haben. Fachblogs werden immer populärer und in diesem Zusammenhang erfahren insbesondere Food- und Modeblogs gerade eine deutliche Aufmerksamkeitssteigerung, auch in den klassischen Medien. Ich glaube, dass die Grimme Online Awards dieser Entwicklung mit den Nominierung von NutriCulinary und dem wunderbaren Modeblog anders anziehen Rechnung getragen haben. Und das freut mich sehr.

Uwe Kammann, Direktor Adolf-Grimme Institut, Foto: Jens Becker für Grimme Online Awards

Gewonnen haben andere Formate, deutlich wurden in diesem Jahr die großen, aufwendig und in Gemeinschaftsleitung durch Teams und Redaktionen erstellte Portale und Angebote mit Magazincharakter prämiert. Ohne Frage allesamt preiswürdige Formate, die klassischen Blogs, die Einzelkämpferseite, wie beispielsweise das von mir favorisierte Blog not quite like beethoven, gingen leer aus. Schlechte Stimmung kam aber nicht auf an den Blogger-Tischen, es galt die Nominierung gebührend zu feiern, große Gemeinschaftsteller mit gemischter Büffetware herangeschleppt, eine Faust voll Gabeln dazu, pragmatisch und familiär. Über das Büffet vermag ich wenig zu sagen, ich esse nie an Büffets, Essen vom Büffet ist mir einfach zu Öffentlich. Zudem gehe ich niemals hungrig auf offizielle Abendveranstaltungen, beuge so unnötigen Wartezeiten vor Büffets und schlechtlaunigen Hungeranfällen vor. Bei Bier, Wein und unfassbaren Mengen Mineralwasser („ich hab jetzt schon zwei Liter getrunken und muss immer noch nicht aufs Klo“) gab es interessante Gespräche und spannende Begegnungen, der DJ spielte schöne Lieder, an größere Bewegungen war aber nicht mehr zu denken. Gegen Mitternacht schickte uns die Hitze dann hinaus und heim.

Grimme Online Awards 2010:

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