Gans ganz anders – asiatisch in drei Gängen

Gänse machen es Genießern nicht leicht. Nur einmal im Jahr, im Frühling, legen sie ihre Eier, im Frühsommer wird geschlüpft und gegen Ende November erreichen die Tiere ihr Bratgewicht. Dann ist ganz kurz Gänsezeit, der Rest ist Tiefkühlware.

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Oft bleibt es aber leider beim obligatorischen Martins- oder Weihnachtgänsebraten, dessen Zubereitung und Darreichungsform in Deutschland ähnlich unantastbar ist, wie der Tatort am Sonntagabend. Keine Experimente. Nicht mit mir. Ich habe mir dieses Jahr einfach schon mal vorab eine schöne Landgans besorgt und Gäste eingeladen um eine Sonderform des Gänsebratens auszuprobieren, die mir schon lang im Kopf rumschwirrte: Asia-Gans in drei Gängen und zwar:

Wan Tan mit Gänsefleisch und gebratenem Erbsensprossen-Salat, Hoi Sin Sauce

Gänse-Consommé mit Gänseherz, Magen und Hals, Pilzen und jungem Lauch

Gans mit Sezuchanpfeffer, Pflaumensauce, Ingwer-Rotkohl und Hefekuchen

Asia-Gans ist natürlich eine ziemlich schwammige Bezeichnung, ich möchten aber weder die Küchenleistung der japanischen- noch die der chinesische Koch-Kollegen mit meiner Freistilübung in Verruf bringen.

Die Vorbereitungen:

Für die Asia Gans (4,0-4,5 kg) muss man früh aufstehen, denn sie wird lange bevor die Gäste kommen gebraten, dafür hat man dann Abends weniger Stress wenn die Gäste da sind, dazu später mehr. Die Gans wird also frühmorgens unter kaltem Wasser gründlich gewaschen, trocken getupft und gesalzen. Den Beutel mit Hals und Innereien wieder kalt stellen, die Gans auf ein Gitter über ein Backblech setzten, dessen Boden zweifingerbreit mit Wasser bedeckt ist. Im heißen Ofen, bei 150 Grad 3,5- 4 Stunden garen. Sie können jetzt entspannt die übrigen Zutaten Einkaufen, mit den Kindern spielen, bloggen…oder mal die Bude aufräumen, weil ja heute Abend Gäste kommen.

Von alleine kochen sich auch Hals, Magen und Herz der Gans in 800 ml Gänse- oder Geflügelfond aus dem Lieblingsrestaurant oder aus dem Glas. Aufkochen, abschäumen und zugedeckt 2 Stunden leise köcheln, dann in der Brühe erkalten lassen. Nur die Leber bleibt draußen, hat aber kaum Zeit beleidigt zu sein. Sie wird als kleiner Snack, in Olivenöl und schäumender Butter gebraten, nur mit Salz und Pfeffer gewürzt, auf Weißbrotscheiben gebettet und sofort verzehrt.

Die gegarte Gans wird nach einer Ruhe- und Abkühlphase tranchiert. Auch wenn die Gäste erst in vielen Stunden kommen: das geht in Ordnung.

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Die Keulen am Gelenk einmal halbieren, die Brüste ganz lassen, die Haut aber abziehen und aufbewahren. Alles kalt stellen. Jetzt das Gänsegerippe ordentlich putzen, da ist noch eine Menge Fleisch dran, dass später für die Frühlingsrollen verwendet wird, alles abzupfen und kalt stellen.

Die Gänse-Carcasse selbst wird für die Gänseconsommé mit einer Geflügelschere kleinteilig geschnitten und kommt in einen Topf mit: der kalten Brühe vom Innereienkochen, weiteren 400 ml kaltem Gänse- oder Geflügelfond, 1 Sternanis, 1 zerdückte Zitronengrasstange, etwas Fenchelsaat, 40 ml süße Sojasauce, 1 Chili, 1 Knoblauchzehe, 20 g blättrig geschnittene Ingwerwurzel, 2 getrockneten Shitakepilzen und zwei grob gestückelte Tomaten.

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Ein Hähnchenbrustfilet durch den Fleischwolf drehen (oder in der Moulinette hacken) und mit 1 Eiweiß verrühren. Diese Masse unter den kalten Consommée-Ansatz rühren. Geflügelhack und Eiweiß binden die Schwebe -und Trübstoffe, während der Ansatz sehr langsam und auf kleiner Temperatur zum Kochen gebracht wird. Einmal zärtlich aufgekocht (eher kurz aufgestoßen), die Consommé noch 5 Minuten leise köcheln lassen, dann vom Herd nehmen.

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Die klare Bouillon portionsweise, mithilfe einer Schöpfkelle, umsichtig durch ein mit feinem Tuch ausgelegtes Sieb passieren. Voilá! Consommé! Eventuell noch etwas Salz, das ist alles.

Für die Pflaumensauce zum Hauptgang 2 EL braunen Zucker mit 1 El Balsamessig, 1 El Hoi Sin Sauce, 4 El Sojasauce und 400 ml Gänse- oder Geflügelfond aufkochen. Einen halbierten Knoblauch, 1 Sternanis und 1 daumengroßes halbiertes Stück Ingwer zugeben und 8 Minuten offen kochen. Knoblauch, Ingwer und Sternanis entfernen, 8 Backpflaumen vierteln und zugeben. Aufkochen. 1-2 Tl Speisestärke mit etwas Wasser glatt rühren, in die Sauce einrühren und aufkochen.

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Vor dem Servieren wird die Sauce noch mal erhitzt und 50 g kalte Butterwürfel eingerührt.

(Das alles könnten Sie im Grunde genommen auch schon ganz gemütlich am Vortag vorbereiten.)

Das Menü:

Wan Tan mit Gänsefleisch und gebratenem Erbsensprossen-Salat

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Wan Tan-Teigblätter (gibt’s im Asialaden) aus dem Tiefkühler nehmen, antauen lassen, bis sich die ersten Blätter lösen. Gezupftes Gänsefleisch von der Carcasse in feine Streifen schneiden, 2 Frühlingszwiebeln in feine Ringe schneiden, alles mit 1 El süßer Sojasauce und 1 El Ketjap Manis vermengen, mit etwas fein gewürfeltem Knoblauch, etwas frisch geriebenem Ingwer und grobem schwarzem Pfeffer aus der Mühle würzen. Füllung auf 12 Wan-Tan-Platten verteilen, die Seiten einer Ecke mit Wasser einstreichen, Teigplatte über der Füllung zusammenklappen und die Seiten fest andrücken. Übrige Wan Tan-Blätter wieder einfrieren.

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Die Erbsensprossen habe ich mit fein in Streifen geschnittenem Kopfsalat in etwas Olivenöl kurz angebraten, mit Salz und süßer Sojasauce gewürzt. Die Wan Tans in Öl knusprig ausfrittieren, auf Küchenpapier abtropfen lassen und auf dem Sprossen-Salatgemüse anrichten. Die rundlaufenden Saucenschlieren auf dem Teller sind keinesfalls einfach schmückender Teller-Tand! Die dünn aufgetragene Hoisin Sauce, eine Art asiatischen Barbequesauce, macht hier auch geschmacklich großen Sinn.

Gänse-Consommé mit Gänseherz, Magen und Hals, Pilzen und jungem Lauch

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Vom Gänsehals habe ich das feine Fleisch abgepult, Magen und Herz in feine Scheiben geschnitten. Ein paar braune Champignons schneide ich feinblättrig, 4 Frühlingszwiebeln in hauchfeine Ringe. Die Consommé funkelt ja bereits unverbesserlich im Topf (siehe oben), sie wird vor dem Servieren einfach noch mal aufgekocht, alle Zutaten rein und eine Minuten leise köcheln. Dampfend heiß servieren.

Gans mit Sezuchanpfeffer, Pflaumensauce, Rotkohl und gedämpfter Hefekuchen

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Ich koche, oft sehr zum Verdruss der Liebsten, Dinge nie zweimal gleich, bei Paulsens gibt es ausschließlich Experimente zu essen. Das klappt auch meistens und auch für Gäste koche ich liebend gerne Sachen die ich noch nie, oder in dieser Form noch nie gemacht habe. Meistens habe ich einen Ahnung. Hier aber, beim Hauptgang, lauerte die einzige Unwägbarkeit des Menüs. Der Hefe-Napfkuchen. Ich habe mir Expertenrat eingeholt.

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Die hübsche Puddingform wurde mit im Rahmen der Förderungsbemühungen für integrationswilliger Schwaben von meiner norddeutschen Schwieger-Großmutter überreicht, hier in Schleswig Holstein wird Großer Hans in dieser Form gebacken, ein fluffiger Teig, einem Rührkuchen ähnlich, mit Rosinen drin und Zitronenschale. Der süße Kuchen wird dann mit Backobstkompott und Kartoffeln zur gekochten Rinderbrust mit Senfsauce gereicht. „Der Geschmackskontrast ist umwerfend“ notiert Oma in ihrem handschriftlich geführten Kochbuch, ich kann das nur bestätigen!

In Omas Große Hans Form soll aber heute ein feiner Hefeteig, der später auf dem Teller anständig Sauce aufsaugen soll. Hier hilft Herr Johann Lafer, dessen Hefeteigfüllung für die Weihnachtsgans (Kerners Köche, 16.12.2005) mir immer noch in bester Erinnerung ist. Aus:

320 g Mehl
20 g Hefe
80 ml lauwarmer Milch
40 g Zucker
110 g flüssiger Butter
1 Ei
1 Eigelb
Salz

bereitete ich einen Hefeteig, den ich nach 30 Minuten Ruhe und-Gehzeit in die gebutterte Form von Oma stopfte. Dann folgte ich wieder Großmutters Rezept: Deckel drauf, verschließen und in einen großen Topf stellen. Wasser angießen, so dass der Topf zu einem Viertel im Wasser steht. 1 Stunde kochen.

Ich tröstete mich derweil damit, dass die Gans im Notfall auch ohne das Experiment schmecken würde. Brust und Keulen rieb ich mit einem Gewürzöl aus Olivenöl, fein gehacktem Knoblauch, grobem schwarzem Pfeffer, grob gemörserter Fenchelsaat und Meersalz ein, und ließ das Fleisch bei 80 Grad im heißen Ofen langsam erwärmen.

Das Rotkraut hatte ich mit Johannisbeergelee, Honig und Pfeffer geschmort, asiatisch eingemeindet durch vier dicken Scheiben Ingwer und einem Sternanis, eine Würzung die sicher sehr gut auch zur Deutschen Traditions-Gans geht.

Die Pflaumensauce habe ich mit kalten Butterwürfeln erhitzt und glatt gerührt, die Gänsehaut im Wan Tan-Fett knusprig ausfrittiert. Insgesamt ist der Effekt aber entbehrlich. Zwar war die Haut sehr schön knusprig, sie hätte aber auch das Brustfleisch beim Erwärmen saftig schützen können, ich würde die Haut beim nächsten Mal einfach dran lassen.

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Der Hefekuchen aber war, entgegen aller Bedenken und Befürchtungen, der Knaller! Buttrig-luftig mit viel Pflaumensauce und Rotkohl genossen, dürfte der lockere Napfkuchen auch Vegetarier weihnachtlich stimmen. Uns schmeckte die Gans dazu, nur die Haut bleibt ab jetzt wieder dran.

Ananas-Eis

Da ich in der Pattiserie ähnlich begabt bin wie beim Backen, gab es zum Dessert nur eine Kleinigkeit, die aber nicht so doof schmeckte:

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Ich habe eine frische Ananas fein gewürfelt, 3 El braunen Zucker karamelisiert, die Ananaswürfel mit ½ El frisch geriebenem Ingwer zum Karamel gegeben und mit dem Saft einer Orange abgelöscht. Ein paar Minuten geschmort das Ganze bis sich der Zucker gelöst hat und die Ananas weich ist, bisschen Zitronensaft noch dazu und fertig. Das abgekühlte Kompott habe ich zur Hälfte mit gekauftem Bourbon-Vanilleeis verrührt (ich hätte gerne Joghurteis gehabt) und wieder eingefroren. Zum Servieren einfach in gefrostete Gläser füllen und mit übrigem Kompott toppen.

Als Aperitif gab es einen PortTonic: dafür ein Whisky-Glas mit Eiswürfeln füllen, einen Schwupps trockenen Churchill´s White Port drüber gießen und mit eiskaltem Tonic Water auffüllen. Falls zur Hand den Drink noch mit einem kleinen Streifen Bio-Zitronenschale parfümieren. Mein neuer Lieblings-Apero wird übrigens in Vollendung im Restaurant Nil gereicht, da hab ich den PortTonic auch das erste Mal getrunken.

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Zu Frühlingsrollen und Suppe habe ich einen 2009 Cloud Bay Sauvignon Blanc gereicht. Neuseelands berühmtester Sauvignon Blanc passte perfekt! Mit feiner Mineralität, dem Geschmack von schwarzen Johannisbeeren, Passionsfrucht, Ananas und einer frischer Säure mit Noten von Zitronengras begleitete er bestens die asiatisch gewürzten Speisen, harmonierte mit Pfeffer, süßer Sojasauce und Ingwer.

Die Gans aus dem Ofen, mit Pflaumensauce und Hefekuchen fand ihren perfekten Begleiter im 2008 Crozes-Hermitage, von M. Chapoutier, dem Meisterwinzer von der Rhône. Ein Wahnsinn im Glas: Bitterschokolade, Tabak, feiner Rauch, nur zartes Holz, Pflaumen, Cassis, Vanille, schwarzer Pfeffer. Ein komplexer Wein mit Charakter und Tiefe, dennoch keine Bombe, sondern von jugendlicher Frische und nur 12,5 % vol. Der geht auch nach dem Essen sehr gut. Auch nach dem Kaffee. Sehr gut.

Das hat Spaß gemacht. Jetzt freu ich mich auch auf die klassische Weihnachtsgans. Nur ein paar Tage noch!

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