Freundschaft

Die Liebste sitzt mit Freundinnen um die Ecke, im Restaurant Trific, das weiß ich, weil wir uns vorhin kurz gesehen haben, nach getaner Arbeit, sie auf dem Sprung zum Frauenabend, ich hinein in die gemütliche Hose. Auch der Nachbar sitzt im Trific, ich weiß das, weil auch zuhause der unendliche Strom der Facebook-Statusmeldungen fließt, während ich mir Reste vom gestrigen Gemüse-Bulgur aufbrate. Dass ja wohl alle im Trific sitzen, gebe ich beleidigt in die Tastatur, und das ich mir hier Restbulgur aufbrate, tippe ich ein. Und natürlich: ich gönns Euch ja, lasst mir nur was vom Lammbries über!

Lammbries. Macht ja heute keine mehr, mögen die Leute nicht. Mögen wir nicht, meinen die Leute, das ist doch eine Drüse, wissen die Leute und fragen erschauernd nach Rinderfilet. Und bei meinem Freund Oli gibts trotzdem Lammbries, heute Abend, in seinem Restaurant. Ich habs auf dem Heimweg auf der Speisekarte gelesen und bin gleich nervös geworden, weil ich ja heute Abend nicht kann. Der Nachbar schreibt auf Facebook ob ich nicht noch kommen möchte, man könnte einen Männertisch eröffnen. Der Nachbar gehört eindeutig zu den ganz Großen.

Aber: kann man ja nicht machen, da jetzt reingurken und in gemütlicher Hose erstmal alle Freundinnen der Liebsten begrüßen. Und im Fernsehen sucht die Katzenberger einen Kater, man müsste eventuell heute auch noch das Büro sortieren, der Bulgur quillt so seltsam nach, also: nee. Aber lasst mir was vom Lammbries über tippe ich mit Ausrufezeichen.

Plötzlich bimmelts. Ich drücke den Knopf, summend springt unten die Haustür auf, es rumort im Treppenhaus. „Wer da?“ will ich wissen. Zu meiner großen Überraschung antwortet mir Apu, der freundliche Inder vom Kwik-E-Mart in Springfield, er habe delivery for me.

Ich muss sehr lachen, ein bisschen ungläubig auch. Mein Freund Oliver ist ein großartiger Stimmen-Imitator und da steht er plötzlich im Funzellicht des Treppenhauses, in voller Kochmontur. In der Hand einen Teller mit einer Portion gebratenem Lammbries, mit grünen Bohnen und geröstetem Brot. Es duftet nach Butter, nach Knoblauch, das ganze Treppenhaus voll. Unter seinem Arm klemmt eine halbe Flasche gekühlter 2009er Weisser Burgunder „Achkarrer Castellberg“ von Probst.

Wo denn der Herr zu speisen wünsche, fragt Apu und ich steh da, in meiner gemütlichen Hose und denke, dass es gerade Viertel nach Neun ist, Hochzeit in der Restaurantküche und dass da wohl die Kunde vom traurigen Bulgur-Bräter irgendwie das Trific erreicht haben muss und mein Freund Oli schiebt daraufhin eine Extraküchenschicht dazwischen, brät eine Portion Lammbries für mich und bringt mir die mal eben schnell vorbei. Statt eines „Gefällt mir“-Buttons drück ich mal eben ganz fest: meinen besten Freund.

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