Heiße Ware aus St. Petersburg: Die Rückkehr der historischen Alblinse

AlblinsenBio-Pionier Mammel mit heißer Ware aus St. Petersburg

„Mir wär es lieb, sie würden nicht zu ausführlich berichten“, seufzte Woldemar Mammel von der Öko-Erzeugergemeinschaft Alb-Leisa, als ich ihn im Frühjahr 2010 auf seinem Hof in Lauterach auf der Schwäbischen Alb besuchte: „wir vermarkten die Linsen eher regional“. Kein Versandhandel, kein Onlinestore – die Alb-Leisa gibt es nur auf der Alb, in Baden Württemberg und Bayerisch Schwaben. Und die historische Späthsche Alb-Linse ist überhaupt erst seit vergangener Woche wieder auf den Markt. Dass es sie überhaupt noch gibt, ist Mammels Hartnäckigkeit zu verdanken.

Selbst schlaue Schwaben zucken gelegentlich die Schultern, wenn sie nach der Herkunft der Linsen in ihrem Nationalgericht “ Linsa mid Sch­bätzle ond Soida­würschtle” gefragt wird, allgemein scheint die Linse doch eine eher mediterran-orientalische Angelegenheit. Doch schon 500 v.Ch gab es Linsenanbau auf der Schwäbischen Alb, auf den wasserarmen, kargen und steinreichen Böden gedieh die genügsame Pflanze bestens. In den Wirtschaftswunderjahren der 50er und 60er verschwand die Linse dann aus der Region, das einstige Überlebensessen hatte ausgedient.

1985 begannen Mammel auf seinem Biobauernhof in Lauterach mit dem Anbau der kleinen, grünen, marmorierten französischen Linse, belebte mit der Le Puy Linse die Tradition. Verschollen blieben die alten Sorten Späths Alblinsen 1 und 2.

2006 gelang Mam­mel schließ­lich mit Unter­stüt­zung des Nutz­pflan­zen­samm­lers Klaus Lang und des Ökologie-Beraters Klaus Amler der große Coup: Das Trio ent­deckte die ver­schol­len geglaub­ten Sor­ten Späths Alb­linse 1 und 2 in einer der größ­ten Gen­da­ten­ban­ken der Welt, dem Wawilow-Institut in St. Peters­burg. Sie waren dort, mit einem Schreibfehler versehen, falsch abgelegt worden.

Noch im selben Jahr reiste eine Delegation der Öko-Erzeugergemeinschaft nach St. Petersburg und erhielt wenige hundert der Späthschen Alblinsen 1 (größer) und 2 (kleiner).

Alblinsen

Aus dieser Handvoll Linsen wurden über Jahre und in mühsamer Kleinarbeit, größere Mengen Saatgut gezogen. Im Frühjahr 2011 konnte endlich auf 34 ha die Späthsche Alb-Linsen ausgesät werden. Jetzt stehen erstmals ausreichende Mengen der historischen Linsen für eine Vermarktung zur Verfügung – die original Späthsche Alb-Linse ist wieder da! Über 400 Verkaufsstätten und Gasthäuser in der Region werden ab jetzt die Linse im Angebot haben.

Und wie kommen die Genießer bundesweit zur Späthschen Linse? „Einfach herfahren, ein paar Tage Urlaub genießen und dann mit einem Jahresvorrat an Linsen wieder heim.“ riet mir Mammel schon damals augenzwinkernd.

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