Fundstück der Woche: Foodblogger und PR – „In Blog we trust“

Lehnen Sie sich zurück und genießen Sie den folgenden Film, der den Sommer zurück bringt und von Sizilien träumen lässt:

Herrlich, oder? Ja, das war Werbung. Schön gemachte, gute Werbung. Für die sizilianische Familien-Kellerei Tasca D’Almerita und ihre Weine. Einen davon, den Regaleali Bianco kenne und schätze ich sogar persönlich sehr, er gehört mit seinem erstaunlichen Preis-Leistungsverhältnis zu meinen favorisierten Allwetter-Weißweinen für jede Gelegenheit.

Den kann ich Ihnen sehr empfehlen, erzählen möchte ich aber wie der Film zu mir fand. Eine italienische Agentur für virales Marketing machte mich freundlichst und persönlich per Mail und Link auf den Film aufmerksam. Wie ich ihn fände, wurde ich gefragt. Und dass ich bei Interesse mehr darüber erfahren könnte, inklusive Presse- und Fotomaterial. Man würde sich freuen von mir zu hören.

Die meisten Foodblogger kennen das und normalerweise läuft das ganz anders ab. Üblicherweise wird unaufgefordert einfach alles geschickt: Pressematerial, Fotoalbum, Produktproben, Linktauschangebote, Kataloge. Ganz unabhängig vom eigenen Blog-Schwerpunkt oder der eigenen Person. Da wird schon mal die „liebe Frau Paulsen“ gebeten doch künftig vermehrt mit Margarine zu kochen. Ich bin Olivenöl-Junkie und nach wie vor ein Mann.

Oft ist es auch nur ein nicht weiter bestimmendes „Hallo!“ oder „Hey!“ gefolgt von lockerflockigem Gedutze, das musst Du Deinen Lesern empfehlen, Du, jetz ma echt! Neulich zwang mich eine PR-Agentur per Karte, ein Paket in einem Kiosk mit UPS Service abzuholen, im Nachbarstadtteil. Ich also nach Feierabend da hingewackelt und einen kiloschweren Katalog abgeholt – mit Geschirr. Ich glaube ich habe noch nie Geschirr in meinem Blog vorgestellt. Eine teure und zeitraubende Angelegenheit für beide Seiten, eine Vernichtung von Hirnschmalz, Arbeitsleistung, Tagesfreizeit und Rohstoffen.

Dabei habe ich prinzipiell überhaupt nichts gegen Produktempfehlungen in Foodblogs, ganz im Gegenteil, gerade die Kulinarik lebt doch von der Empfehlung und wenn ich ein Produkt, Buch oder Restaurant vorstelle oder aus berufener Quelle vorgestellt bekommen, finde ich das ganz wunderbar! Voraussetzung ist: das Produkt passt zum Blog, das Produkt könnte die LeserInnen dieses Blogs interessieren. Das ist dann eine Empfehlung, bezahlt nur mit den Mühen des Bloggers und dem Vertrauen seiner LeserInnen. Alles andere wäre Werbung. Und die kostet Geld.

PR Firmen, Medienagenturen und Verlage wissen längst um die Stärken von Blogs als Meinungsmacher und Multiplikatoren, gerade weil Empfehlungen unter Freunden, Gleichgesinnten, Fachleuten viel wirkungsvoller sind, als ein bezahltes pop-up Fenster. Allerdings gälte es vorab herauszufinden wer da schreibt. Und was. Und für wen. Das macht Mühe und kostet ebenfalls – Zeit. Zeit die sich viele Werbetreibenden einfach nicht nehmen.
Wir machen das mit den Fähnchen.
Und wir schicken die zur Sicherheit an alle raus.

Der zurückhaltend-vorfühlenden Mail der italienischen Agentur war ein bemerkenswertes Postskriptum angehängt, wie beiläufig der Hinweis auf die hausinternen Blogger-Richtlinien, P.S.: if you want to know how we relate to bloggers, click on……Die Link-Empfehlung der Agentur versammelt sieben Grundsätze zur professionellen Zusammenarbeit mit Bloggern, dazu vier Bitten an die Blogger selbst:

In Blogs we trust

Insgesamt ein pointierter Leitfaden für ein unkompliziertes und vor allem effektives Miteinander von Foodblogs und Public Relations.

  1. Wirklich ein sehr schönes Video!

    Und eine vorbildliche PR-Anfrage und auch eine sehr schöne Guideline. So sollte es sein!
    Klar gibt es vielleicht auch dann noch Beschwerden, dass man immerhin zweimal (!) angeschrieben wurde, aber ein „Nein Danke“ nach der ersten scheitn bei einem so positiven Kontakt ja auch wirklich zu reichen… 😉

    Jetzt mal übrigens eine blöde Frage, nachdem ich noch nie ungefragt Dinge zugeschickt bekommen habe: Schickst du die zurück? Bzw. steht da dann drin, dass du sie zurückschicken musst, wenn du nicht darüber schreibst?
    Oder kann man sowas auch einfach nehmen und der nächsten Tafel oder sonstwas gemeinnützigem spenden?

    Liebe Grüße,
    Ina

  2. Ich schicke ungefragt zugeschickte Produktproben nicht zurück, das kostet ja meine Zeit und mein Geld. Zum Spenden sind die Pröbchen und Schlückchen sowieso nicht geeignet. Ich behalte mir aber vor, auf solchen Sendungen nicht zu reagiere.

    Mailanfragen beantworte ich immer, wenn mein Name in der Anrede steht, ich schreibe dann freundlich zurück, dass das Produkt evtl. nicht passt, da ich im Grunde eigentlich ausschließlich artisanes kulinarisches Handwerk vorstelle und ich, da ich keine Redaktion bin und mein Blog keine Zeitschrift, immer nur Produkte empfehle die mich wirklich vorbehaltlos begeistert haben. Wer damit leben kann, dann eben eventuell auch nicht besprochen zu werden, und das sind 99 % aller Zusendungen, der kann mich gerne bemustern.

  3. Wunderschöner Clip. Und en passant – aufgenommen durch Herrn Paul – eine gute Werbung für die Agentur. Dass muß man aber auch erst einmal so wahrnehmen, die Regel beschreiben und dann die Ausnahme würdigen. Gut gemacht.

  4. Wow echt ein schöner Artikel 🙂 spricht einem aus der Seele, wobei es da noch viel schlimmere Geschichten gibt wie z.B. Paperblog (diehaben echt eine sehr interessante Rechtsaufassung)…

  5. Ich bin hier gelandet, weil ich gerade meine erste PR-Anfrage bekommen habe und absolut nicht weiß, wie ich damit umgehen soll. Mein Blog ist so winzig, dass die Anfrage a) nicht gut überlegt war oder alle österreichischen Blogger angeschrieben wurden oder b) mir (sehr unwahrscheinlich, da viel zu wenige Leser) einiges zutraut.
    Die Anfrage war sehr nett, und das Angebot (Reisen in ein anderes Bundesland, um dort über Essen zu schreiben) klingt nett. Und ich hab eh immer zu wenig Geld, um mir tolles Essen zu leisten. Aber da muss ein Haken dabei sein. Und ich will meine junge Seele noch nicht verkaufen.

    Die Werbung von Sizilien fand ich übrigens sehr schön. Der Kontakt klingt auch nett.

    Und ich bin auch nach der Lektüre deines Beitrages nicht schlauer als vorher. Leider.

    Liebe Grüße
    Nadja

    1. Schwierige Angelegenheit, bei der jeder selbst entscheiden muss, was geht und was nicht. Umsonst gibts nix. Im Zweifel behält man am Besten seine Integrität und ein unabhängiges Blog.

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