Zacapa Art of slow@The Table: vier Gänge mit Rum von Kevin Fehling

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Schon immer verlangte die Arbeit in Küche und Bar nach den gleichen Tugenden: Neugier, Fachkenntnis, Stil und Geschmack. In den vergangenen Jahren haben sich die Genussdisziplinen Bartending und Küche weiter angenähert, Begriffe wie Liquid Kitchen und Cuisine Style benennen wichtige Aspekte der modernen Barkultur, hausgemachte Spirituosen-Infusionen, Liköre, Sirups, Säfte und Bitters sind in der ersten Liga eine Selbstverständlichkeit. Die Verwendung bester und frischester Zutaten sind in Küche und Bar gleichermaßen Grundvoraussetzung und Foodpairing, das harmonische Kombinieren von Zutaten anhand von Schlüsselaromen, ist längst nicht mehr nur den Köchen vorbehalten. Der Cocktail als Dinnerbegleitung und Alternative zum Wein bereitet dagegen im Alltag nicht nur dem Sommelier immer noch Magengrummeln: die Vermählung von Spirituosen und feinen Speisen ist hierzulande nach wie vor Neuland, eine anspruchsvolle Herausforderung für Barmann, Koch und Gast gleichermaßen.

Obiges schrieb ich 2012 in einer Folge meiner regelmäßigen Kolumne „Der kochende Barmann“ im Mixology Magazin, vier Jahre später ist die Vermählung von Spirituosen, Drinks und Cocktails auch im fine dining-Bereich immer noch ein großes und spannendes Thema, dass immer noch seiner Entdeckung durch ein breites Publikum harrt. Welches Potential in der Kombination von Spirituosen, Cocktails und Speisen steckt, zeigte sich vergangenen Montag beim hochkarätig besetzten „The Art of Slow“-Pop Up mit 3-Sterne-Koch Kevin Fehling und Meister-Mixologen Arnd Henning Heissen.

Gastgeber Ron Zacapa Rum hatte zuvor sieben weiter Spitzenköche aus aller Welt nach Guatamela, der Heimat des Zacapa Rums, zum „Slow Dining“-Cook Tank geladen, von dieser Reise war das Menü geprägt, dass Kevin Fehling am Montagabend in seinem Restaurant The Table servierte. Arnd Henning Heissen, normalerweise Barchef im Berliner Ritz Carlton, begrüßte die Gäste mit einem erfrischenden Sommerdrink, dem Orange Blossom, inspiriert von einem Parfum, blütenleicht, mit kräftiger Orangenfurcht, getragen von mildem Rum der dabei dennoch sein komplexes Aroma entfaltete.

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Begleitet wurde das folgende Menü von einem vertikalen Tasting mit vier verschiedenen Ron Zacapa Rum, erhellend erklärt und entschlüsselt vom sympathischen Brand Ambassador Bastian Drews. Los ging es aber mit zwei Amuse Geule, zuerst „Hamburger Fischbrötchen“ ein zartes Gurken-Baiser mit Gurkengelee und gebeiztem Lachs das im Mund herrlich flüchtig zerging. Fehlings Reminiszenz an die ausgehende Spargel- und beginnende Kirschzeit folgte, wolkenfluffige Spargel-Espuma auf Pistaziencreme und mit eingelegten Kirschen, ein erstes Highlight.

Der erste Gang: Bio-Gänseleber von gefütterten Gänsen mit Rotkohlsalat, Marzipancreme und Nuss- und Rum Rosinen-Chutney – dazu der Ron Zacapa Centenario 23, mit zwischen sechs und 23 Jahren in amerikanischer Eiche, Sherry- und Pedro Ximenez-Fässern gereiftem Rum. Die Gänseleber mit dem Lübecker Marzipan und dem Geist des Sherry vermählt, das funktionierte großartig, in Kombination mit den warmwürzigen aber auch fein säuerlichen Chutneys, dem Knack des fast rohen Rotkohls.

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Der zweite Gang: eine perfekt gebratene Jakobsmuschel, dick, fleischig und fest, auf Jasmin-Reis (genial!) mit feinem Ananas-Mango-Kompott, Curry-Kokos-Schaum und einem Hauch von Koriander – und dazu die Freude, der Küchenmannschaft und einem perfekten Serviceteam bei der Arbeit zusehen zu dürfen. Allen voran Sommelier David Eitel, dessen zwei trefflich ausgesuchten Weine für den Abend, beinahe untergegangen wären, im guten Rum: ein herrlich mineralisch frischer 2015 Chenin Blanc Beaumont aus Südafrika, mit dem klarer Charakter der Traube, nicht im Holz ausgebaut. Der Rote, gute gekühlt (toll!), ein Rioja Lindes de Remelluri von 2010.

Es wird angerichtet und serviert und ich erinnere mich in diesem Moment an meine aktive Zeit in der Sterneküche, Ende der Achtziger, Anfang der Neunzigerjahre: wir waren während dem Service ein Haufen Jungköche in Panik, mit dem Puls eines Bomberpiloten kämpften und kochten wir gegen das zugezettelte Bon-Brett an. Zwei verschiedene Menüs, dazu eine umfangreiche à la carte-Karte, alle bestellen alles wild durcheinander. Dass wir damals da nicht drauf gekommen sind, was ich heute auch als Gast immer öfter genieße: ein Menü, für alle Gäste, zur gleichen Zeit. Eine hochkonzentrierte Küchenmannschaft die sich jeweils gemeinsam um eine Gang bemüht. Das vermeidet Stress, das fokussiert, das vermeidet Fehler, etwa wenn eine Sauce nur einmal am Abend in Perfektion auf den Teller muss. Und ein weitere Vorteil: spätestens beim Servieren füllt sich der Raum gänzlich mit dem appetitlichen Duft des kommenden Menügangs und essen im Restaurant wird zum verheißungsvollen Gemeinschaftserlebnis – das immer mehr Restaurants anbieten (bspw. das Sosein). Voraussetzung sind Gäste die sich auf Küche und Menü einlassen, verlassen, Vertrauen schenken – sie werden in der Regel reichlich belohnt.

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Zurück zum Jakobsmuschel-Curry-Wunder vor uns, mit exakt justierter Schärfe, exotische Fruchtigkeit, Currywärme. Ein Gang der durch den gereichten Reserva Limitada 2015 eine weiter Belebung erfährt und aromatische Nuancen, alleine wenn man am Glas riecht und dann dazu eine Happen isst, passiert es. Klasse! Limitada beim Rum? Anders als beim Wein, wo große Jahrgänge zu Sondereditionen werden, ist es beim Rum die reine Lust am Experiment, da wird ein Blend für ein weiteres Jahr ins Fass gegeben und veredelt. Ron Zacapa Blendmaster Lorena Vazquez (Foto oben links) geht gerne verblüffend neue Wege, jüngst pflanzte sie Beete mit Kräutern in der Nähe der Fässer, deren Aromen die atmenden Fässer und den gelagerten Rum positiv beeinflussen sollen. Schräg und großartig gedacht!

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Der dritte Gang wurde für mich, auch durch den dazu gereichten Drink von Arnd Henning Heissen (rechts oben im Bild) zum Höhepunkt: Challans Entenbrust mit Selleriecreme und einer Rumtopf-Früchtejus. Ich bin später bei der Verabschiedung zu Kevin Fehling, habe ihm gesagt, dass dieser Teller das Beste war, was ich seit langem genießen durfte. Dem freundlichen, leicht zweifelnd und mit Stirnrunzeln das Kompliment entgegennehmenden Fehling, schien das zu erstaunen. Das mag daran liegen, dass dieser Hauptgang sehr viel klassischer war als das kreativ-experimentelle Zauberwerk für das Fehling zu Recht berühmt und ausgezeichnet ist – für mich ist aber gerade dieser klassische Gang die große Kunst, auch hier zeigen sich die Drei Sterne, ohne Schäumchen, Kügelchen und molekulares Gedöns: die zarte Ente von höchster Qualität, perfekt zubereitet mit einer Szechuanpfeffer-Knusperhaut, das perfekte Selleriepüree, luftige Pfeffer-Hollandaise, eine harmlos wirkende transparente Jus von unglaublicher Tiefe und Komplexität, die herbsüßen Rumfrüchte und dazu ein perfekter Tupfen sehr säuerliche Sanddorncreme. Bombe.

Dazu der Drink von Arnd Henning Heissen, dessen lesenswertes Buch TrendDrinks ich hier besprochen habe: „Ducks above the cloud“ puristisch im großen Glas serviert, Nichts als Geschmack: der Ron Zacapa Centenario XO mit Ylang Ylang Blüte, rotem Wermuth, einem Obstbrand und persischer Limette. Es ist Barkultur auf dem höchsten Niveau, komplex, fein, pure Exzellenz. In Zusammenhang mit der ebenfalls meisterhaft bereiteten Ente: der viel strapazierte perfect match, da ist er!

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Der rauchige Rum Edición Negra aus dem gesmokten Eichenfass verkürzt angenehm die kurze Pause zum Dessert, mein Lieblingsrum an diesem Abend, Pflaume, Rosine, Rauch, Schokolade…da kommt schon das Dessert. Nicht meine Lieblingskategorie, jedoch von Kevin Fehling selbst zu Beginn des Abends als Menü-Höhepunkt im Rum-Reigen angekündigt. Auf kühlem Stein schmilzt die beste Schokoladen-Ganache die zumindest ich je genießen durfte, sehr schön dazu grüne Tomatillo, Avocadocreme und gepoppter „Tachochips“ Einkorn-Knusper. Dazu wird der Ron Zacapa Centenario XO eingeschenkt, der am Ende einer langen Reifung eine Extrarunde in französischen Cognacfässern drehen darf und zum Dank als hochkomplexes Aromenwunderwerk ins Glas kommt, mit eine Nase voll gerösteter Nüsse, Marzipan und Orangenschale, im Mund dazu Vanille, Zimt, Schokolade und ein Hauch Ingwer -ein ganzer, dunkel-gold funkelnder Winterabend. Im Wechselspiel mit dem Dessert zeigt sich nochmal das Potential von Spirituosen-Pairings, der Rum ist die perfekte Ergänzung, ich esse wie ein Vögelchen, nippe nur am Glas und im Mund dann das ganz große Orchester. Mit einem Piña Colada Macaron endet die grandiose Genussreise, die zeigt: es lohnt sich, dran zu bleiben an der engeren Verbindung zwischen Küche und Bar.

PS: Ein Wort zu den Bildern, das ist natürlich nur der Unterwegs-Schnell-Schnell-Handyquatsch in Kombination mit PR-Fotos – traumhaft schöne Bilder, die der Sache auch gerecht werden, hat Kollege Oliver Wagner drüben bei sich im Kochfreunde-Blog gemacht und ausgestellt:

www.kochfreunde.com/ron-zacapa-dinner-the-table

Offenlegung: ich danke Ron Zacapa für die Einladung zum Art of Slow-Abend und die Unterstützung bei der Bereitstellung von Fotomaterial.
#zacapaartofslow

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