Foodcamp Cilento

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Wir leben in einer Zeit, in der die meisten kulinarischen Produkt umfassend und permanent erhältlich sind – aus aller Welt und rund ums Jahr. Überwiegend sind es genormte Gemüse und Obstsorten, die keine Jahreszeiten mehr zu kennen scheinen und keine Saison. Aber auch die toskanische Wildschweinsalami vom Chianti-Metzger findet sich flächendeckend in den Delikatess-Abteilungen deutscher Kaufhäuser und was es nicht gibt, gibt es im Internet.

Das Angebot ist trügerisch. Wer ein Land, eine Region und ihre kulinarischen Schätze wirklich erschmecken will, der muss auch heute noch hinfahren, nur dort ergeben die einzelnen Teile ein Ganzes, nur vor Ort finden sich auch jene Produkte die glücklicherweise durch das Raster global-wirtschaftlichen Denkens gefallen sind. Wir sind nach Süditalien gefahren, wir haben an den reich gedeckten Küchentischen von Produzenten, Köchen, Wirtsleuten und Erzeugern gesessen – und wir haben selbst gekocht, inspiriert durch den Geruch und Geschmack des Cilento.

Florian Siepert, Initiator der legendären Porkcamps, hatte zum Foodcamp nach Süditalien gebeten und knapp 50 Food-Verrückte waren (via Neapel) angereist, verlängerten die Saison im Hotel Antonietta in San Marco die Castellabate und belagerten schon am ersten Abend zahlreich die große Hotelküche um aus Gemüsebergen, aus Zucchini, Tomaten, Auberginen, aus Kichererbsen und Bohnen, aus frischen Meeresfrüchten, glänzenden Muscheln, duftenden Trüffeln, tiefrotem Fleisch, altem wie jungem Käse und duftenden Kräutern mehrgängige Abendmenüs zu… das Wort sei in diesem Zusammenhang erlaubt: zaubern.

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Wir waren zu Gast bei Giovanna Voria vom Agriturismo Corbella im Nationalpark von Cilento e Vallo di Diano, lernten dort wie Ricotta gemacht wird und wie frittierte Pizza schmeckt, walkten und buken ein Feigen-Fenchel-Brot, produzierten hausgemachte Nudeln.

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Wir aßen grüne Crostini mit altem Ricotta, geschmorten Salat, Salat von schwarzen Kichererbsen und Staudensellerie, Kichererbsen mit Lorbeer in Schokolade.

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Wir sind rausgefahren aufs Meer, haben die Angeln ausgeworfen und gewartet, kaltes Bier getrunken und gewartet und dann hat Tinten-Tom für uns alle die Calamares aus dem abendblauen Meer gezogen. Ein paar Tage später dann der ganz große Fang, fangfrisch zubereitet und serviert von furchtlosen Frauen, deren Arme und Hände in nachtschwarzer Tinte verschwanden.

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Nach einem Tag am Meer trafen wir abends in der großen Küche die Jungs, die in jenes Dorf gefahren waren, in dem die Trüffel zuhause sind. Sprachbarrieren („Trufola!…eh?!“) galt es niederzureißen, kühlen Blickes zu verhandeln und mit reicher Beute heimzukehren, mit der größten Tüte Trüffel die ich je sah, soviel duftende Pilze, dass wir sie sogar in einen Schweinebraten rollen konnten und über ein, bei 63 Grad in Olivenöl gegartes, Eigelb hobelten. Auch das für 50 Personen.

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Jeden Abend zogen heimische Winzer ihre Weine für uns auf, mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen in Vortrag und Geschmacksfragen. „Leta me talk abouuud the beans!“ rief Winzer Luigi Maffini, befeuert vom eigenen guten Wein, servierte leichte Weißweine und Bohnenkoch-Kritik mit großer Intensität und Ausdauer. An einem anderen Abend sprach der wunderbare Bruno di Conciliis über Weinbau, Miles Davis, den Jazz und den Genuss, dass es eine Freude war, ebenso wie sein Donnaluna in dessen kampanischer Wucht und Tiefe wir uns fortan allabendlich mit großem Wohlgefühl verloren.

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Wir waren Gäste von Guiseppe di Martino (oben links, ganz links), jenem Mann der sich das Nachdenken über Nudeln zur Lebensaufgabe gemacht hat, und mit Pastificio dei Campi die wohl beste Pasta der Welt macht. Ich habe gestandene Männer weinen sehen.

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Wir haben gelernt wie man Olivenöl macht, erlebt wie Mozzarella gemacht wird und wie Büffelmozzarella schmeckt. Wir sind von der großzügigen Käserei-Familie Barlotti mit einem leichten Lunch angenehm in die Knie gezwungen worden, haben trotzdem direkt im Anschluß Unmengen Ricotta gekauft und Büffelwürste für die abendliche Pasta-Sause auf dem Dachgarten.

Für den letzten Abend hatte ich der Gruppe etwas Einfaches vorgeschlagen, Pasta mit vier Saucen und gut. Die Empörung war groß.

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Und letztendlich gab es an diesem Abend:

– Hausgemachte Tagliatelle mit frischem Trüffel und Büffel-Butter
– Vor einer Stunde gefangener Sepia „a la plancha“
– Hausgemachte Ricotta-Ravioli
– Carponata mit Ricotta-Chips
– Hausgemachte Tintenfisch-Farfalle mit Venusmuscheln
– Hausgemachte Gnocchi mit Salbeibutter
– Hausgemachte Orecchiette mit Büffel-Salsiccia-Sugo
– Feigentarte mit Lavendel

Menschen auf Balkon

Insbesondere dieser letzte, gemeinsame Abend zeigt für mich trefflich den wunderbaren Wahnsinn und die kraftvolle Dynamik unserer, nicht ganz so kleinen, Reisegruppe auf. Ich kann ganz ohne Pathos sagen, dass ich unsere Zeit miteinander als große Bereicherung empfunden habe. Danke Euch allen für die inspirierende Zeit, die erhellenden Gespräche, die großartigen Genüsse… und die vielen Lachtränen!

Foodcamp Cilento anderswo:

– Nata vom Pastachiutta-Blog über das Foodcamp und die Sache mit den Tintenfischen

– Paul Fritze vom Einfach Lecker Essen-Blog über 50 konfierte Eigelbe, gefüllter Schweinebraten und eine Pasta-Party

– Luciano Pignataro vom WineBlog über Tedeschi a lezione di cucina cilentana con Giovanna Voria a Corbella

– Im …eine Prise Salz Blog finden sich erste Impressionen vom Foodcamp Cilento

-Little Jamie schreibt in ihrem Blog über den Kampf mit dem Kalamar

– Nata vom Pastachuitta-Blog über die beste Pasta der Welt

-Viele Fotos im Foodcamp Cilento-flickr Pool

-Wunderschönes Online-Fotoalbum von Franco Rabazzo auf blurb.com

– Großartig, die Bildersammlung People Photographing Food

(updated…)

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